Respekt, Herr Präsident!

Respekt, Herr Präsident, der Auftakt war überzeugend. Was Horst Köhler nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt zum Besten gab, passt nicht nur in die Zeit, in der wir leben. Es war auch eine Ermutigung der besonderen Art, ein Appell an alle und ein Versprechen für alle.

Wenn Köhler hält, was er verspricht, kann Deutschland sich auf einen Präsidenten freuen, der dem Land Impulse gibt und es in hervorragender Weise repräsentiert. Gewiss ist Köhlers politisches Gewicht schwer zu definieren. Er ist ja ein Seiteneinsteiger, der politisch nie selbst aktiv war, sondern der Politik als (beamteter) Staatssekretär und IWF-Chef gedient hat. Gleichwohl hat er schon in seiner ersten Rede deutlich gemacht, dass er sehr wohl gedenkt, sein Amt auch politisch zu akzentuieren, also seine eigenen Analysen mit konkreten Erwartungen an die Verantwortlichen zu verknüpfen. Das kann dem Land nur gut tun, hat doch auch die letzte "Berliner Rede” des scheidenden Präsidenten Johannes Rau gezeigt, dass die Bevölkerung klare Worte schätzt. Ein Ökonom auf dem obersten Sessel der Nation, das ist neu. Köhler ließ erkennen, dass er diese fachliche Vorprägung nutzen will, und er tat dies bereits mit seinem Hinweis auf die "überfälligen Reformen”. Damit spricht er nicht nur jenen aus der Seele, die ihn inthronisiert haben (Union und FDP); er bestätigt auch den Agenda-Kanzler, der sich seit längerem in diesem Sinne bemüht - und dafür von den wankelmütigen Wählern abgestraft worden ist. Fraglos ist Köhlers Wahl auch ein Signal zum Machtwechsel. Ganz so, wie die Parteivorsitzenden Angela Merkel (CDU), Edmund Stoiber (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) sich das ausgedacht haben. Allerdings hätte es dieses Signals gar nicht bedurft, sind die Bürger mehrheitlich doch eh der Ansicht, die rot-grüne Regierung werde den Anforderungen nicht mehr gerecht. Man darf getrost davon ausgehen: Auch bei einer Wahl der sehr respektablen Kandidatin Gesine Schwan hätten sich die Chancen von SPD und Grünen auf eine Wiederwahl nicht verbessert. Es ist müßig darüber zu spekulieren, warum "nur” 604 der 622 bürgerlichen Wahlmänner und -frauen für Köhler gestimmt haben. Vielleicht hat die weibliche Alternative Schwan und der Slogan "Frau nach Rau” einzelne beeinflusst. Was zählt, ist die glatte Wahl im ersten Durchgang. Vor dem Präsidenten liegt eine große Aufgabe: Gerade in den unruhigen Zeiten der Globalisierung wird die Rolle eines verständnisvollen und überparteilichen Moderators immer wichtiger. Wenn es Köhler gelingt, den richtigen Ton zu treffen, wird er sein Amt in überzeugender Manier ausfüllen können. nachrichten.red@volksfreund.de

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