Respekt !

Michael Schumacher hat des Großen Preis von Imola gewonnen. Eine Nachricht, die im Normalfall für wenig Aufsehen gesorgt hätte. Doch am Sonntag war alles anders. Die ersten drei Rennen hatte Schumi nie ganz oben auf dem Siegerpodest gestanden, die italienischen Tifosi hatten ihn im Vorfeld des "Heimrennens" stark kritisiert - alles absolute Nebensache, als der Tod der Mutter des Formel-1-Weltmeister bekannt wurde.

Prompt stürzten sich alle Medien zunächst auf das "Menschelnde", das Boulevardeske, die Tränendrüsen-Geschichte. Und als bekannt wurde, dass beide Schumachers das Rennen bestreiten würden, gingen die Diskussionen los: Ist das moralisch vertretbar? Dürfen die das? Sie dürfen, und sie haben genau das Richtige getan. Sie haben sich am Samstagabend, als feststand, dass ihre Mutter nicht mehr zu retten war, würdig von ihr in Köln verabschiedet. Es folgte der privateste aller Entschlüsse: Wir fahren. Sie sind Profis, was aber nicht heißt, dass sie deswegen frei aller Emotionen handeln müssten. Sie sind Menschen und keine - was gerade von Michael Schumacher behauptet wird - Maschinen. Sie gingen ihrem Job nach, nicht getrieben von materiellen Interessen oder der Verpflichtung ihren Teams, ihren Sponsoren gegenüber, fahren zu müssen. Jeder hätte verstanden, wenn sie nicht angetreten wären, selbst die Formel-1-verrückten Italiener. Aber sie fuhren - und nicht nur, um den schwülstigen Schlagzeilen gerecht zu werden - "ihrer Mutter willen". Sie machten ihren Job, wie es auch Maurermeister Müller in einer ähnlichen Situation gemacht hätte. Sie betrieben ihren Sport, wie es auch Stürmer Meier in der C-Liga gemacht hätte. Nur, dass es sich eben um einen hochkommerzialiserten, hochprofessionellen, völlig von den Medien vereinnahmten Sport handelt. Sie wollten fahren, sie haben sich allerdings dazu nicht groß in der Öffentlichkeit geäußert. Als ihr Tagwerk beendet war, flossen kurz vor den Kameras Tränen, der Rest war reine Privatsache. Richtig so. Die Privatsphäre wurde am Ende größtenteils von den Medien geachtet, wie es zuletzt nicht immer der Fall war. Ob Oliver Kahn oder Boris Becker fremd gehen, hat solange nichts in der Sport-Berichterstattung zu suchen, solange dies nicht die sportlichen Leistungen beeinflusst. Außenstehende sollten äußerst vorsichtig über private Entscheidungen urteilen, die jemand - in diesem Fall die Schumachers - aus innerer Überzeugung getroffen haben. Das gebietet die Pietät, der Respekt und das Fairplay. b.pazen@volksfreund.de

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