Rolle rückwärts

BERLIN. Dass man in den Sommerferien auf deutschen Autobahnen kaum vorwärts kommt, weiß jeder. In diesem Jahr wird es allerdings noch schlimmer werden - weil erstmals die drei bevölkerungsreichsten Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg fast zeitgleich in die Ferien starten.

Der ADAC rechnet an den Wochenenden vom 25. bis 27. Juli und vom ersten bis dritten August mit "absolut chaotischen Verhältnissen" auf den Straßen. An den übrigen Sommerwochenenden ist laut Automobilclub wie gehabt "nur" von massiven Staus auszugehen. Das Chaos zu verdanken haben die Urlauber der neuen Ferienordnung. In diesem Jahr wird sie erstmals angewendet. Weil man jedoch mittlerweile weiß, was dabei herum kommt, wandert sie 2005 gleich wieder in die Mottenkiste.Vor vier Jahren hatte die Kultusministerkonferenz die alte Ferienordnung geändert. Sie bestand seit 1971 und beinhaltete, dass alle Länder - bis auf Bayern und Baden-Württemberg im Süden - in einem Zeitraum von elf Wochen "rollierten". 1999 wurde dann der Gesamtzeitraum der Sommerferien deutlich verkürzt, damit die großen Ferien bisweilen nicht kurz nach Pfingsten anfingen. Wichtigster Grund war aber, dass die Bildungsexperten der Auffassung waren, ein späterer Ferienbeginn sei aus pädagogischer Sicht sinnvoll, weil sonst das zweite Schulhalbjahr mit seinen vielen Feiertagen zu kurz sei. Also wurde die neue Regelung beschlossen, die von 2003 bis 2008 im Wesentlichen zwei Ferienblöcke vorsieht: Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit rund 40 Millionen Einwohnern machen in der zweiten Sommerhälfte Urlaub, der Rest mit seinen ebenfalls 40 Millionen Einwohnen arrangiert sich ab Ende Juni.Nun soll alles wieder anders werden. Die Politik hat gemerkt, dass Tourismus-, Verkehrs- und Wirtschaftsverbände 1999 Recht hatten. Die Urlauberströme werden durch die neue Regelung ungleichmäßiger verteilt. Da niemand mehr ab Mitte Juni Urlaub macht, sind die deutschen Ziele im Frühsommer leer, während sie in den eng begrenzten Stoßzeiten überbucht, überfüllt und überteuert sind. Außerdem erwartet die Urlauber bei der An- und Abreise Chaos auf den Fernstraßen.Das hat dazu geführt, dass die Ministerpräsidenten Ende März der Kultusministerkonferenz (KMK) den Auftrag erteilten, die Ferienordnung noch einmal neu aufzurollen. Bei einem Treffen letzte Woche einigten sich die Kultus-Staatssekretäre darauf, wieder zum "rollierenden"Ferienbeginn zurückzukehren. Ausgenommen sind Bayern und Baden-Württemberg, für die ein spätes Ferienende fest geschrieben werden soll. Heute wird sich die Wirtschaftsministerkonferenz damit beschäftigen. Dass die erneute Neuregelung womöglich nicht erst 2005, sondern schon 2004 in Kraft tritt, ist ausgeschlossen. "Die Kalender sind gedruckt, die Schuljahre 2003/2004 liegen fest. Manche Touristen haben auch vorgebucht", heißt es bei der KMK.

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