Rot-Rot ist (noch) kein Thema

BERLIN. Die Linkspartei will die wirtschaftlichen Probleme in Ostdeutschland mit weiteren Fördermaßnahmen bekämpfen. Finanzielle Unterstützung müsse es für besonders gefährdete Regionen, für kapitalschwache und kleine Unternehmen oder für junge und ältere Arbeitslose geben, fordert der Spitzenkandidat der Linkspartei, Gregor Gysi.

,,Nein, nein, machen Sie sich über meine Gesundheit mal keine Sorgen. Ich fühle mich fit und bin beschwerdefrei. Ich hab gerade zwei Wochen Urlaub gemacht, bin auch ein bisschen braun geworden dabei. Aber ich habe eben auch noch einen Beruf und kann nicht Tag für Tag landauf, landab durch Deutschland reisen. Und meinen Beruf als Anwalt, den werde ich in jedem Fall beibehalten. Auch wenn ich in den Bundestag komme." Gregor Gysi in Aktion: Sichtlich erregt und mit kippeliger Tonlage reagierte er am Mittwoch bei einer Pressekonferenz der neuen Linkspartei im Berliner Karl-Liebknecht-Haus, als ein Journalist bohrend nach seiner angeschlagenen Gesundheit fragt und ob er vielleicht deshalb bislang im Wahlkampf kaum aufgetreten sei. Darüber hatte Gysi eigentlich gar nicht reden wollen, sondern über seine Kernbotschaft, die er vor dem Hintergrund guter Meinungsumfragen gestern so beschrieb: ,,Der Osten muss wieder ernst genommen werden." Gysi, neben Oskar Lafontaine der politische Vormann der neuen Linkspartei, die sich aus PDS und WASG speist, mahnte gestern nachdrücklich einen ,,kulturell anderen Umgang" mit den neuen Bundesländern an. Auch 15 Jahre nach der Wiedervereinigung werde der Osten vom Westen immer noch mit ,,Überheblichkeit oder Mitleid" betrachtet. ,,Wir müssen die Einheit im Kopf endlich mal wieder begreifen. Wir müssen lernen, den Osten als Chance für unser ganzes Land zu sehen", betonte der designierte Spitzenkandidat. Im Stakkato-Takt streifte er dann die Themen, die am 27. August auf einem Wahlparteitag noch förmlich beschlossen werden sollen und mit denen die Linkspartei weiter punkten will: Die Pendlerpauschale soll auf 40 Cent erhöht werden, ,,um eine weitere Abwanderung aus den ostdeutschen Bundesländern zu verhindern". Für wirtschaftlich besonders gefährdete Regionen müsse es weitere Fördermaßnahmen geben, ebenso für kapitalschwache und kleine Unternehmen. Besonders sinnvoll seien Investitionen in den Bereichen Wissenschaft, Bildung und Kultur. Die Kommunen bräuchten mehr Geld für Investitionen, junge und ältere Arbeitslose müssten finanziell stärker unterstützt werden. Mittelfristig schwebt Gysi eine Angleichung von Löhnen und Sozialleistungen in Ost und West vor. Nachdrücklich wies Gregor Gysi gestern die Kritik zurück, dass die Wahl-Versprechungen seiner Partei nicht finanzierbar seien. Das Steuerkonzept der Linkspartei, das sauber durchgerechnet sei, bringe schließlich Mehreinnahmen von 64 Milliarden Euro. Dazu würden etwa die Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 50 Prozent, eine ,,gerechtere Körperschaftssteuer", eine Steuer auf Veräußerungsgewinne sowie eine neue Börsensteuer beitragen. Der Linkspartei-Spitzenmann erteilt einer möglichen rot-rot-grünen Koalition nach der Wahl am 18. September eine klare Absage: ,,Alles Quatsch." Dies sähen auch Lafontaine und Lothar Bisky so. Aber auf längere Sicht, etwa für 2009, könne er sich ein solches Bündnis durchaus vorstellen. Es komme ganz darauf an, wie die Sozialdemokraten sich weiter entwickelten. Wenn die SPD in die Opposition gehe, bestehe die Chance, dass sie sich besinne und an ihre große Tradition erinnere. Ähnlich äußerte sich gestern auch Oskar Lafontaine.

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