Rotstift-Folgen

Über die Zahl der fehlenden Lehrer lässt sich immer streiten. Wo es Reserven geben muss und wie viel Förderunterricht zusätzlich anzusetzen ist, werden Lehrerverbände und Kultusminister immer unterschiedlich beurteilen.

Die Bildungsstudien allerdings zeigen, dass es in Deutschland an der individuellen Förderung hapert. Und das ist meist eine Frage von Klassengröße und Lehrerzahl. Keine Frage ist hingegen, dass der Nachwuchsmangel in vielen Fächern inzwischen mit der Hand greifbar ist. So kommt es, dass im Realschulbereich unter hunderten Bewerbern nur noch eine Hand voll das Fach Physik unterrichten kann. Die Folge: Pädagogen in den Mangelfächern werden nur noch einseitig eingesetzt, in Ausnahmefällen werden Biologie-Lehrer in unteren Klassen zum Physik-Unterricht abgeordnet. Seiteneinsteiger-Programme werden aufgelegt, um Lücken zu schließen, doch nicht jeder versierte Vermessungsingenieur ist zum pädagogisch begabten Mathe-Lehrer umzuschulen. Zu lange haben die Bildungsminister die falschen Signale an den potentiellen Lehrernachwuchs gesendet und mit ihrer vom Rotstift diktierten Einstellungspraxis abgeschreckt. Sicher liegt es auch an der oft mangelnden gesellschaftlichen Wertschätzung, die den Lehrerberuf wenig reizvoll erscheinen lässt. Bleibt nur zu hoffen, dass die neue Lehrerausbildung, die der Pädagogik mehr Gewicht einräumt gegenüber dem Fachwissen, den Mangel langfristig behebt und nicht noch verstärkt. Nur auf sinkende Schülerzahlen zu setzen, wird nicht helfen. j.winkler@volksfreund.de

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