Säue im Dorf

Wieder ein Vorschlag aus dem Hause Schmidt unter dem Motto: Hauptsache eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Die Gesundheitsministerin fordert nun einen Ärzte-TÜV. Patienten sollen nur zu geprüften Medizinern gehen.

Das Prüfsiegel als Qualitätsgarant ­ wie etwa bei Lebensmitteln. Einer von vielen Versuchsballons, die derzeit von Schmidt und ihrer Rürup-Kommission aufsteigen gelassen werden, um zu demonstrieren: Wir reformieren das Gesundheitssystem ­ auf Teufel komm raus. Von den Vorschlägen bleibt am Ende kaum etwas übrig. Eine Qualitätskontrolle für Ärzte ist reinster Populismus. Wer soll die Qualität überprüfen? Und nach welchen Kriterien? Bekommt der Doktor die TÜV-Plakette, der am wenigsten verordnet? Oder ist doch der der bessere Arzt, der eine volle Praxis hat und am schnellsten heilen kann? Medizinische Leistungen lassen sich nicht testen wie die Ausstattung oder der Verbrauch eines Autos oder die Qualität einer Bratpfanne. Frau Schmidt täte gut daran, an einem Gesamtkonzept zu basteln, statt ständig jemanden aufs Bäumchen zu jagen. Einmal sorgen drastische Eigenbeteiligungen, danach das Streichen der Familienversicherung und dann der Zwang zur Privatversicherung bei sportlicher Betätigung für Unruhe. Alles Vorschläge, die für sich genommen wenig Sinn machen. Trotzdem werden sie ­ wie jetzt der Ärzte-TÜV ­ einfach mal hinausposaunt. Eine Richtung ist nicht zu erkennen. So widerspricht der Vorschlag für den Qualitäts-Check der guten Idee, Hausärzte zu stärken. Der Hausarzt als Mediziner des Vertrauens und als Lotse im Gesundheitsdschungel. Er entscheidet, wann ein Patient zum Facharzt überwiesen wird, teure Doppeluntersuchungen könnten vermieden werden. Ein Schritt, die Versorgung besser und billiger zu machen. Doch um den Hausarzt zu stärken, braucht es keinen TÜV. Die Patienten suchen sich ihren Doktor in der Regel aus nach Sympathie, Vertrauen und nach der Fähigkeit, ihnen möglichst schnell zu helfen. Es ist zu befürchten, dass bis zur Vorstellung des Gesamtpakets noch einige Säue durchs Dorf getrieben werden, die man besser im Stall ließe. b.wientjes@volksfreund.de

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