Sarkozy droht ein heißer Herbst

Auch für den Aufsteiger des Jahres unter den europäischen Staats- und Regierungschefs, den neuen französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, wachsen die Bäume nicht in den Himmel.

So furios der Konservative nach seinem Wahlsieg über die Sozialistin Ségolène Royal in seine Amtszeit gestartet ist, so überraschend ist der erste kleine Rückschlag, den er am Wochenende bei der zweiten Runde der Parlamentswahlen einstecken musste. Zwar hat seine Partei, die konservative UMP, die absolute Mehrheit erreicht, gleichzeitig aber die angepeilte und in den Voraussagen prognostizierte Zwei-Drittel-Mehrheit deutlich verfehlt. Aus dem Rennen ist gar die Nummer zwei der Regierung, Umweltminister und Ex-Premier Alain Juppé, der seinen eigenen Wahlkreis in Bordeaux verlor und demissionieren muss.Des Wählers Warnschuss dürfte Sarkozy umso mehr schmerzen, als er zuvor die eherne Regel gebrochen hatte, dass der französische Präsident nicht in den Parlamentswahlkampf eingreift. Auf allen Kanälen hatte er öffentlich für ein breites Votum geworben, um seine ehrgeizigen Pläne zu verwirklichen. Doch die Franzosen, das steht nach diesem Wochenende fest, werden ihrem Präsidenten genau auf die Finger sehen. Offenbar sind Unsicherheit und Angst, vor allem über eine ins Gespräch gebrachte Mehrwertsteuererhöhung, mit der die Sozialversicherungen finanziert werden sollen, größer als angenommen. Sarkozy muss sich deshalb auf einen heißen Herbst einstellen, wenn er seine für weite Teile der Bevölkerung schmerzhaften Reformen umsetzt. Er wird große Überzeugungskünste aufbringen müssen, um den zu erwartenden Widerstand seiner streikwilligen Landsleute, die gerne mit Arbeitsniederlegungen und Kundgebungen die Grande Nation lahmlegen, zu brechen.

Der größte politische Gegner wird Sarkozy wenig Kopfzerbrechen bereiten. Obwohl den Sozialisten ein kleines Wunder geglückt ist, indem sie in letzter Sekunde Stimmen hinzugewannen und der Bedeutungslosigkeit entrannen, sind sie heillos zerstritten. Jüngster Beweis für die internen Flügel- und Grabenkämpfe ist die Trennung der Präsidentschaftskandidatin Royal von ihrem langjährigen Lebensgefährten François Hollande, den sie als Parteichef der Sozialisten ablösen möchte. Solange die Erben des großen François Mitterand sich selbst bekämpfen und kein politisches Programm entwickeln, an dem man sie ernsthaft messen kann, stellen sie für Nicolas Sarkozy keine Gefahr dar.

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