Sauber sieht anders aus

Kriegist also doch nicht sauber. Was die alliierten Truppen uns vorBeginn des Krieges und auch jetzt noch weismachen wollten, könnensie nicht länger durchhalten. Es gibt keinen sauberen Krieg,chirurgische Angriffe sind eine Mär. Krieg ist immer mit Not,Leid und Elend verbunden, vor allem für die Zivilbevölkerung. Dahilft alle Rücksichtnahme nichts, so genau kann niemand bomben.Spätestens jetzt wird es auch den Kriegszuschauern vor demheimischen Fernsehgerät langsam aber sicher klar: Krieg ist mehrals leuchtende Punkte, die über grünstichige Nachtaufnahmenhuschen. Die Schlacht um Bagdad zeigt, was Militärhistoriker underfahrene Strategen schon lange wissen: Großstädte können nichtaus der Distanz erobert werden. Entweder ergeben sie sich odersie werden aus der Luft dem Erdboden gleich gemacht. Das habendie Flächen-Bombardements des Zweiten Weltkriegs gezeigt. Dasbringt die Koalitionstruppen aber in ein Dilemma: Die irakischeFührung wird sich wohl kaum ergeben. Eine Zerstörung Bagdads ausder Luft können sich die Amerikaner aber nicht leisten, weil dasnoch mehr Opfer in der Zivilbevölkerung bedeuten würde. Da bleibtnur der Häuserkampf. Block für Block, Haus für Haus müssen sichdie Soldaten gegen Milizen und reguläre Truppen vorkämpfen. Nichtmit Präszisionswaffen, sondern Mann gegen Mann. Nicht mit demFinger am Computerknopf, sondern mit aufgepflanztem Bajonett. DerHochtechnologie-Krieg gleicht eher dem archaischen Duell derSteinzeit. Da helfen keine Tarnkappenbomber und Marschflugkörper.Am Boden - in dunklen Kellern und engen Gassen - wird dieSchlacht um Bagdad geschlagen. Nicht sauber, sondern schmutzig,blutig und nicht fernsehtauglich. Dann zeigt sich: Selbst dersauberste Krieg ist immer noch viel zu dreckig. a.houben@volksfreund.de

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