Saubere Rechnung für saubere Luft

BERLIN. Frohe Kunde für Fahrer von Diesel-Autos: Sie sollen mit 300 Euro vom Fiskus belohnt werden, wenn sie von 2006 bis 2008 ihr Fahrzeug mit einem Ruß-Partikelfilter nachrüsten.

Im Kampf gegen den Krebs erregenden Feinstaub will die Bundesregierung damit erreichen, dass, ähnlich wie in den 80er-Jahren beim Katalysator für Benzinautos, möglichst viele Diesel-Altfahrzeuge nachgerüstet werden. Im Finanz- und Umweltministerium in Berlin ist ein entsprechendes gemeinsames Konzept erarbeitet worden, das unserer Zeitung vorliegt. Laut Regierungskonzept, das nach Pfingsten zügig mit den Ländern abgestimmt werden soll, ist noch für dieses Jahr eine Regelung geplant, dass im Falle einer Nachrüstung der 300-Euro-Bonus-Betrag dann einfach von der Kraftfahrzeugsteuer abgezogen werden kann. Im Gegenzug sollen alle ab 1. Januar 2007 zugelassenen Diesel-Neufahrzeuge ohne Filter, also Autos, die den Euro-5-Grenzwert für Partikelemissionen nicht schaffen, mit einem KFZ-Steuer-Zuschlag von 300 Euro belegt werden. Laut Regierungskonzept sind in den Folgejahren 2008 und 2009 nochmals jeweils 40 Euro für die "Stinker" fällig. Diese "Strafzahlungen" sollen dann auch bei allen alten Dieseln greifen, die nicht nachgerüstet sind. Eine Filter-Nachrüstung kostet je nach Fahrzeug 350 bis 700 Euro. Diesel-Ruß ist nachweislich Krebs erregend und trägt zudem zum Feinstaub bei, der inzwischen in vielen deutschen Städten ein erhebliches Problem darstellt. Die EU-Kommission hatte Grenzwerte gesetzt, die in Innenstädten und an viel befahrenen Autobahnen vielfach überschritten werden. Kommunen, Länder und der Bund stehen deshalb stark unter Handlungsdruck. Erst für 2008/2009 hat die deutsche Autoindustrie versprochen, dass alle Neufahrzeuge serienmäßig mit Dieselfilter ausgerüstet sind. Vor gut einem Jahr hatten der damalige Finanzminister Hans Eichel (SPD) und sein Umweltkollege Jürgen Trittin (Grüne) eine Förderung von Neufahrzeugen mit 350 und von Altfahrzeugen mit 250 Euro durchsetzen wollen. In den Länderhaushalten hätte dies eine Einnahmelücke von 1,5 Milliarden Euro gerissen. Der Bundesrat legte sich deshalb damals quer. Die neue Bonus-Malus-Regelung soll den Ländern, die generell für finanzielle Anreize beim Dieselfilter sind, bei der Gegenfinanzierung der Förderung helfen. Denn ihnen steht die KFZ-Steuer zu. Eine Malus-Regelung für "Diesel-Stinker" hatte die damalige rot-grüne Regierung abgelehnt. Nach Aussagen eines Sprechers des Bundesumweltministeriums gegenüber unserer Zeitung sind die finanziellen Auswirkungen für die Länder nach der neuen Bonus-Malus-Regelung "aufkommensneutral". Das sei im Bundesfinanzministerium "sauber durchgerechnet worden". Ohne die Zustimmung des Bundesrates kann die Förderung nicht greifen. Sprecher verschiedener Landesregierungen erklärten gestern, das neue Modell sei "sehr interessant". Sie wollten sich jedoch offiziell erst äußern, wenn sie den Regierungsvorschlag auf dem Tisch liegen hätten. Der Verband der Automobilindustrie sagte gestern, die deutsche Autoindustrie warte seit Jahren auf eine steuerliche Förderung der Nachrüstung. Gut zehn Millionen Dieselautos sind heute in Deutschland zugelassen. Aber erst bei gut 60 Prozent der Dieselfahrzeuge, die neu zugelassenen werden, ist ein Rußfilter eingebaut. Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett die Verordnung beschlossen, wonach voraussichtlich ab Frühjahr 2007 jeder, der bei hoher Luftverschmutzung freie Fahrt haben will, für sein Fahrzeug eine entsprechende Feinstaub-Plakette kaufen muss. Je nach Höhe der Partikel-Emission gibt es verschiedenfarbige Plaketten für vier Schadstoffstufen, die an LKW, PKW und Bussen angebracht werden müssen.

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