Sch(r)ill

Von den Bibeltreuen bis zu den Kommunisten: Im Schatten der etablierten Parteien flattert ein Schwarm bunter Vögel umher. "Schwerter zu Bierhumpen" forderte einst die Deutsche Biertrinker Union. Mit ihrem "Programm der neuen Seidenstraße" will die Bürgerrechtsbewegung Solidarität acht Millionen neue Arbeitsplätze schaffen. "Arbeit ist Scheiße" findet die Anarchistische Pogo-Partei. Punkt. Viel Spinnerei, viel Skurriles - auch wenn die meisten Menschen, die sich derart engagieren, es durchaus ernst meinen. Eines verbindet sie: die politische Erfolglosigkeit. Die Schill-Partei zählt zu den wenigen Splitter-Organisationen, die den Sprung in ein Landesparlament geschafft haben - dank ihres schillernden Gründers Ronald Schill, der als "Richter Gnadenlos" durch die Gazetten geisterte und Ressentiments gnadenlos nutzte. Sozialneid, Angst vor Kriminalität und Ausländern - geschickt mixte der Populist Schill die üblichen Zutaten und führte seine Partei Rechtsstaatlicher Offensive vor zwei Jahren mit fast 20 Prozent der Stimmen in die Hamburger Bürgerschaft. Und in die Regierungsverantwortung. Inzwischen hat CDU-Boss Ole von Beust sich der vorlauten Galionsfigur des Juniorpartners entledigt; die Erpressungs-Affäre um vermeintliche Details aus dem Privatleben des Regierenden Bürgermeisters katapultierte Ronald Schill ins Abseits. Das politische Aus? Mitnichten. Die Schill-Partei regiert in Hamburg weiter mit, wird aber kaum wahrgenommen. Andernorts hat sie trotz einiger Versuche kein Bein auf den Boden bekommen. Weil es an Köpfen mangelt, an Reizfiguren, die polarisieren. Die in der Öffentlichkeit auf den Putz hauen. Ohne Rücksicht auf Verluste. Nach dem Motto: egal ob positiv oder negativ - Hauptsache im Gespräch. Die 5500 Mitglieder der Rechtsstaatlichen Offensive wissen: Einzig ihr Markenzeichen bewahrt sie davor, ruckzuck von der Bildfläche zu verschwinden. Deshalb feiern sie ihren Vordenker, deshalb rühmen sie seine Verdienste, deshalb räumen sie ihm die tragende Rolle beim geplanten bundespolitischen Auftritt ein. Ohne Schill ist die Schill-Partei erledigt. Mit Schill aber auch. Beispiele wie das der rechtsextremen Republikaner beweisen: Der (zumindest vorübergehende) Erfolg steht und fällt mit der Person des Machers, um den sich alles dreht. Als es um Franz Schönhuber ruhiger wurde, versanken die Republikaner in der Bedeutungslosigkeit. Das wird den Schillianern kaum anders ergehen. Weil sie nichts vorzuweisen haben - außer ihrem schrillen Lautsprecher. Indem sie den Namens-Patron gewähren lassen, zögern sie den programmierten Absturz ein wenig hinaus. p.reinhart@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort