Scherbenhaufen Nahost

Wenn heute in Potsdam das "Nahost-Quartett" zu einer neuen Beratungsrunde zusammentritt, stehen die Vertreter der EU, Russlands, der USA und der Vereinten Nationen einmal mehr vor einem Scherbenhaufen.

Die blutigen internen Machtkämpfe zwischen Fatah und Hamas haben zum einen nachdrücklich demonstriert, dass die von palästinensischen Politikern der Außenwelt vollmundig präsentierte "Einheits-Regierung" nicht mehr als ein potemkinsches Dorf - also eine Vorspiegelung falscher Tatsachen - war, unter anderem mit der durchschaubaren Absicht, zögerliche Hilfsgeld-Zahlungen wieder fließen zu lassen. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas vermied kürzlich sogar eine Gaza-Reise, weil es Hinweise auf ein geplantes Attentat der Hamas gab. Gleichzeitig entpuppen sich die von Abbas und seinem israelischen Amtskollegen Ehud Olmert im März unter Vermittlung von US-Außenministerin Condoleezza Rice vereinbarten Konsultationen im Zwei-Wochen-Abstand als ebensolche Farce. Halbherzig vereinbarte Waffenstillstands-Abkommen werden meist schon wieder nach wenigen Stunden gebrochen. Mit dieser Entwicklung wird gleichzeitig der neue amerikanische Handlungsansatz unter Rice ad absurdum geführt, Hamas als legitimen Teil der palästinensischen Regierung zu akzeptieren und damit aufzuwerten. Dabei ist für jedermann gut an den derzeitigen Ereignissen ablesbar, dass Hamas keinerlei Interesse an demokratischen Verhältnissen hat, sondern lediglich an einem Zwei-Fronten-Krieg interessiert ist: Gegen Israel und gegen jene Palästinenser, die weiter die Fatah und Mahmud Abbas unterstützen.

Diese spektakuläre Abkehr vom einstigen Prinzip der Bush-Regierung, nicht mit Terroristen und deren Organisationen zu verhandeln, hat der amerikanischen Außenministerin im Dauer-Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern bisher nichts gebracht.

Hinzu kommt, dass Wortmeldungen aus Washington bei den Konflikt-Beteiligten in der Region nicht mehr das frühere Gewicht haben: Man sieht natürlich deutlich eine Regierung auf Abruf mit historisch niedrigen Zustimmungsquoten für den Präsidenten, man sieht das Dilemma der USA im Irak und eine Zunahme des Antiamerikanismus auf globaler Ebene. Die daraus resultierende Frage zu stellen, wer als Vertretung für ein schwaches Amerika eine glaubwürdige Vermittler-Rolle übernehmen könnte, scheint allerdings nur dann Sinn zu machen, wenn die internationale Gemeinschaft und damit auch das "Nahost-Quartett" gleichzeitig die innenpolitische Situation in den Palästinenser-Gebieten nicht einfach schulterzuckend als unabänderlichen Status Quo akzeptieren. Selbst wenn Israel derzeit bereit wäre, eine endgültige Vereinbarung über den Status der besetzten Gebiete zu unterschreiben - es gäbe keinerlei Gegenpart für einen solchen Schritt.

Das zeigt, dass den Palästinensern klar gemacht werden muss, welch historischen Fehler sie mit der Wahl der Hamas in die Regierung gemacht haben - und wie ein solch fatales Votum den Weg in eine bessere, sicherere Zukunft verbaut, wird es nicht bei nächster Gelegenheit revidiert.

 Friedemann Diederichs

Friedemann Diederichs

Foto: (Bildarchiv Saarbrücker Zeitung)
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