Schlecht vorbereitet

Noch nicht einmal drei Wochen hatte die auf Selbsttäuschung beruhende Freude der Bundesregierung Bestand.

Noch nicht einmal drei Wochen hatte die auf Selbsttäuschung beruhende Freude der Bundesregierung Bestand. Nachdem US-Präsident George W. Bush seinem Sofa-Gast Gerhard Schröder in Washington das verlockende politische Zuckerstückchen angeboten hatte, das Weiße Haus sei "im Prinzip" nicht gegen die Sicherheitsambitionen eines einzelnen Landes, haben Schröder und Fischer nun die bittere Erfahrung machen müssen, dass politische Unverbindlichkeiten nicht immer zu Verhandlungs-Erfolgen hochstilisiert werden können. Zumal Bush es auch unterlassen hatte, das deutsche Streben explizit zu unterstützen. Nun hat es der amerikanische UN-Vertreter bei der Debatte um eine Reform des Sicherheitsrats klar zum Ausdruck gebracht: Man lehnt eine Abstimmung über den so genannten G4-Vorschlag ab, mit dem sich auch Berlin einen dauerhaften Platz in der Weltorganisation und mehr Mitsprache sichern wollte. Das ist deshalb bedeutend, weil es sich bei den USA um eine Vetomacht handelt, die selbst ein für Deutschland positives Abstimmungsergebnis in der Vollversammlung blockieren könnte. Die hitzigen Debatten im UN-Plenum, bei denen sich in den letzten Tagen mehrere Lager gegenseitig vorwarfen, es gehe der anderen Partei nur um mehr Macht, waren ohnehin schon bezeichnend für die mageren Erfolgschancen dieser überhastet vorgetragenen Initiative, bei der es versäumt worden war, zuvor hinter den Kulissen einen diplomatischen Konsens auszuhandeln. Selbst die Chinesen, die Schröder eigentlich wegen dessen wohlwollender Handelspolitik dankbar sein müssten, wollen vom G4-Vorstoß nichts wissen. So erlebt man in New York derzeit die Vivisektion eines Vorstoßes, der eine wesentliche Weichenstellung vermissen lässt. Denn ohne eine generelle Abschaffung des Veto-Rechts im Sicherheitsrat wird dieser bei der Bewältigung neuer Krisen stets vom Gutdünken einiger weniger "Mächtiger" und nicht einer Mehrheitsmeinung geprägt sein. nachrichten.red@volksfreund.de

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