Schröder hat doch Recht

45 000 Menschen demonstrieren in Berlin gegen Hartz IV, Sozialabbau und gegen Rot-Grün. Das waren deutlich weniger Teilnehmer, als die Veranstalter gehofft und die Regierung befürchtet hatte. Die Zahl ist eine eindrucksvolle Bestätigung dafür, dass der Trend der letzten Wochen anhält.

Die Zustimmung zu notwendigen Reformen wächst, der Widerstand bröckelt. Mögen Gewerkschaften, Sozialverbände, der unvermeidliche Oskar Lafontaine samt PDS und allerlei mehr oder minder merkwürdige Gruppierungen an den Rändern auch weiter Gift und Galle spucken, so setzt sich bei der überwältigenden Mehrheit der Deutschen eben doch die Erkenntnis durch, dass die Zeit für tief greifende Reformen reif ist, es zu deutlichen Korrekturen keine Alternative gibt. Gerhard Schröder hat Recht behalten. Der Kanzler ließ sich weder durch Wahlniederlagen noch durch grottenschlechte Umfragewerte aus der Ruhe bringen. Zwar warf er den Parteivorsitz hin, aber das war ohnehin nie ein Job, an dem Schröders Herz wirklich hing. Unbeirrbar hielt er an seinen Reformen fest, beschwor gebetsmühlenartig vor allem die eigene Partei, zimmerte Mehrheiten, forderte Durchhalten statt Ducken. Die maue Beteiligung an der Demo in der Bundeshauptstadt hat endgültig gezeigt: Der Wind hat sich gedreht im Land. Die Massen sind gegen Hartz IV nicht mehr zu mobilisieren. Montagsdemonstrationen rangieren ohnehin seit Wochen unter der Rubrik Auslaufmodell. In gleicher Weise, wie der Kanzler wieder aus dem Umfrageloch heraus klettert, fällt die CDU/CSU immer tiefer in die Grube. Das ist nicht nur die deutliche Quittung für interne Dauerquerelen, sondern auch fürs Heucheln und Abschieben der Verantwortung bei den Sozialreformen. Die Bürger haben gemerkt, dass da eine deutliche Glaubwürdigkeitslücke klafft. Denn einerseits haben die Christdemokraten die Grausamkeiten mit beschlossen, andererseits wollten sie allzu lange die Verantwortung dafür Rot-Grün allein in die Schuhe schieben. Rechnungen dieser Art gehen nicht auf. Schröder hat das von Anfang an gewusst, die CDU hat es erst jetzt schmerzlich begriffen. d.schwickerath@volksfreund.de

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