Souveränität light

US-Präsident Bush gab sich keine Mühe, den größten Widerspruch in seiner jüngsten Rede zur Irak-Strategie aufzulösen: So sollen die Iraker vom 30. Juni an "volle Souveränität" erhalten, doch die US-Truppen werden auf unbegrenzte Zeit im Land bleiben - eine Freiheit, die sich Bush nimmt und die er durch die derzeit unter den Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrates kursierende Resolution zementieren möchte.

Die Mehrheit der Iraker dürfte dies als das empfinden, was es ist: eine "Souveränität light", also mit erheblichen Einschränkungen. Doch Bush wird damit dem Zwang der traurigen Realitäten im Zweistromland gerecht. Denn natürlich würde er - zumal im November in den USA gewählt wird - die Truppen am liebsten sofort zurückrufen und einen Schlussstrich unter dieses tragische militärische wie politische Abenteuer ziehen. Doch gleichzeitig ist ihm bewusst, dass eine US-Präsenz die letzte Sicherung gegen die Katastrophe eines Bürgerkrieges ist. Dass es für ein Entkommen aus dieser Sackgasse kein Patentrezept gibt, hat Bushs Rede schmerzlich deutlich gemacht. Sein Fünf-Punkte-Plan liest sich auf dem Papier gut, doch für die Kernfragen hat Bush weiter keine konkreten wie überzeugenden Antworten parat. Wie wird sich die Übergangsregierung im Irak zusammensetzen, die bis zu den für 2005 anvisierten freien Wahlen regieren soll und die ihre Arbeit bereits in gut vier Wochen aufnehmen soll? Von welchen Nationen erwartet er sich Beiträge zur Stabilisierung der Sicherheitslage und zum Wiederaufbau der unter Saddam Hussein jahrzehntelang vernachlässigten Infrastruktur? Der Abriss des Abu-Ghoraib-Gefängnisses als Symbol von Folter und Missbrauch unter Saddam Hussein wie Bush getreu der Devise "Aus den Augen, aus dem Sinn" dürfte allein nicht zur Verbesserung der Stimmung ausreichen. nachrichten.red@volksfreund.de

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