Spiel mit dem Feuer

Die Grande Nation schwächelt. Jüngst hat der französische Premierminister Jean-Pierre Raffarin in Moskau erklärt, man befinde sich in einer Rezession. Sein Finanzminister Francis Mer musste nun zum Rapport bei den europäischen Finanzministern und bei EU-Währungskommissar Pedro Solbes vorsprechen und erklären, wie Frankreich von seinen hohen Schulden runterkommt.

Denn Frankreich wird im dritten Jahr hintereinander die Drei-Prozent-Defizit-Marke reißen und damit massiv gegen die Kriterien des Stabilitätpaktes verstoßen. Und eigentlich müsste Solbes dann Paris eine saftige Strafe verpassen. Doch nach all dem Druck, den der EU-Kommissar in der Vergangenheit gegen die Defizit-Sünder in Paris und in Berlin ausübte, scheint er nun zu moderaten Tönen aufgelegt. Warum eigentlich? Denn weder die Lösungsvorschläge von Mer - Renten- und Gesundheitsreform, Subventionsabbau oder der Verkauf staatlicher Beteiligungen - sind neu, noch die Zahlen, die für 2004 ein Defizit von 3,6 Prozent des Bruttoinlandproduktes ankündigen. Doch der Währungskommissar hat erkannt, dass ein rigoroses Vorgehen gegen Frankreich schnell zum Bumerang werden kann. Nicht nur Frankreich droht im dritten Jahr hintereinander die Meßlatte zu reißen, auch Deutschland steht mit seiner 2,9-Prozent-Prognose nur hauchdünn vor dem Abhang. Nicht von ungefähr sprangen deshalb auch Deutschland und Italien den Franzosen bei und lehnten eine Abstrafung der Defizit-Sünder ab. Bei den kleinen Euroländern kommt diese Masche schlecht an. Vor allem die Niederlande und Österreich protestieren gegen ein weiche Welle. Denn sie haben in der Vergangenheit mit harten Strukturreformen dafür gesorgt, dass ihre Länder heute die Stabilitätskriterien erfüllen. In Zeiten des Euros können die Telnehmerländer eben nicht mehr über Kursauf- oder -abwertung wirtschaftliche Impulse geben. Es muss gespart werden - und das tut Politikern in jedem Land weh, denn damit verärgern die Parteien meist ihre Wähler. EU-Währungskommissar Pedro Solbes steht also ein Spiel mit dem Feuer bevor. Geht er mit Frankreich zu zahm um, verspielt er ganz schnell die Glaubwürdigkeit der EU-Kommission. h.waschbuesch@volksfreund.de

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