Steuersegen bringt Verdruss

Auf gute Nachrichten ist Peer Steinbrück (SPD) in diesen Tagen schlecht zu sprechen. Gestern sah sich der Bundesfinanzminister erneut veranlasst, alle Bergehrlichkeiten geringere Steuern zurückzuweisen.

Berlin. Ermutigt von der frohen Botschaft der führenden Wirtschaftsinstitute, wonach der Aufschwung zum Dauerläufer werde, hatte sich sein Kabinettskollege Michael Glos (CSU) noch einmal für die Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer ins Zeug gelegt. Für den Kassenwart steht dagegen die Konsolidierung der Staatsfinanzen inklusive Schuldenabbau an erster Stelle. Man könne nicht gleichzeitig sparen, mehr Geld ausgeben und Steuersenkungen fordern, betonte Steinbrück. Steinbrücks erklärtes Ziel: Frühestens 2010 soll es wieder einen ausgeglichenen Staatshaushalt geben. Dazu ist Deutschland allerdings schon nach dem Maastrichter Stabilitätsvertrag verpflichtet. So soll das Defizit zwischen Einnahmen und Ausgaben jedes Jahr um ein halbes Prozent abgebaut werden. Im Vorjahr betrug die Neuverschuldung 1,7 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Wann der Bundeshaushalt wieder ohne neue Schulden auskommt, ließ Steinbrück dagegen offen. Hintergrund: Der Staatshaushalt umfasst auch die Etats von Ländern, Kommunen und Sozialkassen. Erwirtschaften sie Überschüsse, was zuletzt bei den Sozialkassen der Fall war, könnte Steinbrück immer noch Kredite aufnehmen, weil die Überschüsse mit den neuen Schulden verrechnet werden. Der Chef der Wirtschaftsweisen, Bert Rürup, hält die Pläne des Ministers deshalb für wenig ambitioniert. "Ich habe nur begrenztes Verständnis dafür, dass der Bundesfinanzminister kein Zieldatum für einen ausgeglichenen Bundeshaushalt nennen will", sagte Rürup unserer Zeitung. Für 2007 sind trotz guter Wirtschaftsdaten immerhin noch Kredite im Umfang von 19,6 Milliarden Euro eingeplant. Auch vor diesem Hintergrund hält Rürup die Diskussion über weitere Steuersenkungen für "verfrüht". Die Finanzierung wichtiger Projekte sei noch gar nicht geklärt. "Die Kosten für den Ausbau der Kleinkinderbetreuung sind offen, die Finanzierung des Bundeszuschusses an die Krankenkassen ist offen, und Hartz IV birgt auch noch Haushaltsrisiken", meinte Rürup. Hier liegt er ganz auf der Linie des Finanzministeriums. Dort rechnet man vor, dass der Bund im nächsten Jahr alleine 4,3 Milliarden Euro für die Unterkunftskosten der Langzeitarbeitslosen beisteuern muss. Das sind 2,3 Milliarden mehr, als ursprünglich geplant. Hinzu kommt ein Zuschuss für das Gesundheitswesen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro.Fazit von Finanzstaatssekretär Karl Diller (SPD): "Wir brauchen schon allein rund fünf Milliarden Euro mehr an Steuereinahmen, um diese kostenintensiven Beschlüsse des Parlaments zu finanzieren." Steinbrück schielt noch auf eine andere Finanzquelle: Er würde gern die Überschüsse in der Arbeitslosenversicherung an die Krankenkassen umleiten. Doch dafür erteilte ihm die Kanzlerin gestern eine Abfuhr. Auch Bert Rürup warnte vor Steinbrücks Idee: "Ein Verschiebebahnhof hin zur Krankenversicherung wäre eine ganz schlechte Lösung. Wenn langfristig geringere Beiträge möglich sind, dann sollten sie auch im Interesse der Beitragszahler gesenkt werden."

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