Stimmungsmache im Kabinett

Wer dem Bundeskabinett angehört, muss anders denken, als in seiner bisherigen Parteikarriere. Erstens ist so eine Regierung dem ganzen Land verpflichtet und nicht mehr nur dem Wahlkreis, zweitens ist sachgerechte Politik angesagt und nicht Schaumschlägerei, und drittens ist Teamgeist gefordert.

Alle drei Kriterien verletzt Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) mit seiner Forderung, die ganze Ost-Förderung gehöre auf den Prüfstand. Jetzt müsse es bei der Geldverteilung mal wieder nach dem Bedarf gehen und nicht mehr nur nach der Himmelsrichtung. Damit fährt er dem Aufbau-Ost-Minister Wolfgang Tiefensee (SPD) unkollegial in die Parade. Konstruktiv ist der Vorschlag auch nicht, weil es für eine Änderung des bis 2019 geltenden Solidarpaktes keine Mehrheit gibt. Und er ist nicht sachgerecht, weil der Osten nach wie vor hinterherhinkt. Ein Drittel geringere Wirtschaftsleistung pro Kopf, ein Drittel geringeres Einkommen, Abwanderung, doppelt bis dreimal so hohe Arbeitslosigkeit. Aus eigenen Mitteln könnten die meisten Regionen nicht überleben. Auf dem Prüfstand steht der Aufbau Ost übrigens alljährlich - mit dem "Bericht zum Stand der Einheit", den Glos im Kabinett jedes Mal mitabsegnet. Der Vorstoß ist am Ende genau das, was ein Kabinettsmitglied nicht machen sollte: Politische Stimmungsmache für die heimischen Wähler in Bayern. Also Regionalliga-Niveau. Da wollte Glos doch nicht mehr spielen, oder? nachrichten.red@volksfreund.de

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