Strafe ist fehl am Platz

Kinder kosten Geld. Eine Binsenweisheit. Doch die Diskussion um mehr Gerechtigkeit bei den Sozialbeiträgen zielt zu kurz, wenn Kinder nur aufs Finanzielle reduziert werden. Keine Eltern werden Monat für Monat aufrechnen, welche Ausgaben sie nur wegen der Kinder haben. Natürlich wird das Haushaltsbudget schmaler, wenn Nachwuchs da ist, zumal wenn dann dadurch ein Brötchen-Verdiener ausfällt. Die zusätzlichen staatlichen Leistungen wie Kinder- und Erziehungsgeld wiegen das kaum auf. Aber Kinder führen nicht in die Armut, sie machen reich, nicht finanziell, sondern an Erfahrungen und Erlebnissen. Jeder, der sich für Kinder entscheidet, weiß, dass er womöglich für einige Zeit den Gürtel enger schnallen muss. Die wenigsten glücklichen Eltern werden deshalb neidvoll auf Singles oder Kinderlose schauen. Daher ist die erneut losgetretene Debatte über Rentenkürzung für Paare ohne Kinder absolut fehl am Platz. Nicht die Singles und Zwei-Personen-Familien sind die Sündenböcke für die leeren Rentenkassen, sondern die Politik. Jahrelang wurden die Sozialkassen geplündert, um etwa den Aufbau Ost zu bezahlen. Gleichzeitig verschlechterten sich die Rahmenbedingungen für eine Entscheidung für Kind oder Karriere. Job und Familie lassen sich immer noch schwer unter einen Hut bringen. Nicht einmal die Hälfte der Mütter mit kleinen Kindern arbeitet. Die Wirklichkeit sieht eben so aus, dass sich immer mehr Paare für die Karriere und damit fürs Geld statt für Nachwuchs entscheiden. Sie für diese individuelle Weichenstellung zu bestrafen, nur weil sie nicht in die Norm einiger konservativer Politiker passen, ist familienpolitisch der falsche Weg. Zumal damit auch die Millionen ungewollt Kinderlosen, die darunter ohnehin schon leiden, belastet würden. Entlasten statt bestrafen ist daher der richtige Weg. Freibeträge für Eltern, statt höhere Steuern und weniger Renten für Kinderlose. Nur das Kernproblem ist damit noch nicht gelöst: Deutschland braucht neben einer Sozialreform dringend eine familienpolitische Reform. b.wientjes@volksfreund.de

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