Sturm im Nuckelfläschchen

Man darf gespannt sein, wie lange das Duo Merkel/von der Leyen den harten Weg in die familienpolitische Neuzeit durchhält, angesichts der geballten Dinosaurierfraktion in den eigenen Reihen. Die Vorstellung, dass staatlicherseits besonders prämiert wird, wenn Papa die Windeln wechselt, das Breichen wärmt und das Sudellätzchen wäscht, treibt manch gestandenem Unionspatriarchen das Adrenalin in die Adern.

Damit war zu rechnen. Überraschend ist aber, wie viele scheinbar progressive Männer angesichts des von den Politdamen angezettelten Sturms im Nuckelfläschchen plötzlich tapfer das Fähnlein der Entscheidungsfreiheit schwenken. Sie fühlen sich vom Staat bevormundet, gar erpresst. Wie furchtbar! Dabei ist es doch jedem Vater gänzlich unbenommen, auch weiterhin rund um die Uhr arbeiten zu gehen. Nur dass eben der Staat die Zahlung der Subvention namens Elterngeld daran knüpft, dass auch der männliche Erziehungsberechtigte zwei Monate lang das tut, was bezüglich der Mutter als normal gilt: Seinen Schwerpunkt zeitweise beim Kind statt beim Job zu setzen. Wie ist das denn bislang mit der Wahlfreiheit? Väter, die übers Zuhausebleiben nachdachten, erfreuten sich wahlweise der mitleidigen Blicke der Kollegen, der hoch gezogenen Augenbrauen des Personalchefs ("Na ja, wenn Sie wollen") und der "Weichei"-Frotzeleien im Bekanntenkreis. Lauter gute Argumente (nicht zuletzt gegenüber der Partnerin), alles beim Gewohnten zu lassen. Das wäre nun vorbei. Wer dumm gefragt wird, warum er daheim bleibt, könnte einfach sagen: Ich wäre doch blöd, wenn ich auf das Geld verzichte. Wetten, dass es keine fünf Jahre dauert, bis sich der Anteil erziehungsurlaubender Väter vervielfacht hat? d.lintz@volksfreund.de

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