Summe aller Sünden

Der Abu-Ghoreib-Gefängnis-Skandal könnte auch als Musterbeispiel für gescheitertes politisches Krisenmanagement in die Geschichtsbücher eingehen. Anstatt vor zwei Jahren alles, was an belastenden Fotos bekannt war, auf den Tisch zu legen, entschied man sich in Washington aus Imagegründen zur "Kopf in den Sand"-Strategie.

Nun kocht der Missbrauchsskandal erneut hoch - und dies ausgerechnet zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Denn dass die neuen Bilder in einer durch den Mohammed-Karikaturenstreit höchst sensibilisierten islamischen Welt weitere Wogen der Empörung auslösen werden, daran kann kein Zweifel bestehen. Zudem gossen gestern UN-Menschenrechtler mit ihren - von Washington bestrittenen - Vorwürfen, die Behandlung von Terrorverdächtigen in Guantanamo käme vielfach Folter gleich, neues Öl ins Feuer. Zwar beruhen diese Anwürfe nur auf Hörensagen, doch dürfte auf solche Details in der arabischen Welt angesichts der Summe der westlichen "Sünden" niemand mehr achten. Eine sachliche Diskussion zwischen der westlichen Welt und dem arabischen Lager scheint angesichts der hochemotionalen Thematik und bekannten religiösen Empfindlichkeiten derzeit kaum möglich. Deshalb wäre es an der Zeit, dass Washington einmal einen spektakulären Entlastungsversuch unternimmt. Dafür gäbe es durchaus Möglichkeiten - wie beispielsweise durch die Schließung des Lagers Guantanamo. nachrichten.red@volksfreund.de

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