Systemwechsel nötig

"Die Rente ist sicher!" Mit diesem Slogan hat sich der ehemalige Bundessozialminister Norbert Blüm (CDU) den Zorn einer ganzen Generation zugezogen. Auch die "Väter" der Rente mit 67 werden in der Öffentlichkeit nur wenig Beifall für ihr Reformwerk einheimsen.

Doch damit wird man den Entwurf nicht gerecht. Die Rente mit 67 ist der letzte Baustein in einem Systemwechsel, der bereits 2001 von Walter Riester eingeleitet wurde. Das beitragsfinanzierte System der gesetzlichen Rentenversicherung wird in Zukunft nicht mehr ausreichen, um den eigenen Lebensstandard zu sichern. Jeder Einzelne ist gefragt, auch privat vorzusorgen. Die schrittweise Erhöhung des Rentenalters stabilisiert die Rente, die fortan wohl eher den Namen "Grundrente" verdient. Dieser Systemwandel ist notwendig geworden, weil unsere Gesellschaft schrumpft. Weniger Erwerbstätige müssen in Zukunft immer mehr Rentner finanzieren. Verschärft wird dieser Trend noch durch die Tatsache, dass die Menschen immer später einen Beruf ergreifen. Zudem steigt die Lebenserwartung der Deutschen ständig, so dass sie auch immer länger Renten beziehen. Der Systemwechsel ist also nur konsequent. Doch wir brauchen auch eine gesellschaftspolitische Reform. Die Wirtschaft muss sich auf die neuen Verhältnisse einstellen, flexible Angebote und moderne Arbeitszeitmodelle entwickeln. Und die Politik kann sich keinesfalls aus der Verantwortung stehlen. Werden ältere Arbeitnehmer abgeschoben, muss der Staat regulierend eingreifen. Denn sonst ist die Rente mit 67 genau das, was die Kritiker der großen Koalition vorwerfen: eine verkappte Rentenkürzung, die zu einer neuen Altersarmut führt. Die Parteien müssen auch wissen, dass die geburtenstarken Jahrgänge, die ab 2020 in Rente gehen, dann auch die stärkste Wählergruppe sind. Scheitert diese Reform, steht Deutschlands Gesellschaft in wenigen Jahren vor der Zerreißprobe. h.waschbuesch@volksfreund.de

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