Täuschungs-Indiz

US-Präsident George W. Bush habe bereits kurz nach Amtsantritt begonnen, den Grundstein für die Irak-Invasion zu legen - und sei nicht erst durch die Anschläge des 11. September 2001 dazu animiert worden.

Diese brisanten Interna des früheren, vom Texaner gefeuerten Finanzministers PaulO‘Neillbestätigen jene Kriegskritiker, die die von den "Falken" in Washington angeführten Gründe für die Notwendigkeit und den Zeitpunkt des Sturzes Saddam Husseins in Frage gestellt haben. Auch erhält die vom Washingtoner Carnegie-Institut vorgetragene Analyse zur unkorrekten wie verfälschten Kriegs-Argumentation Bushs neues Gewicht. Und: Die Feststellungen des durch seine Offenheit gegenüber Medienvertretern in Ungnade gefallenen Ex-Ministers lassen auch die Annahme plausibler erscheinen, der Präsident habe persönliche Motive für eine "Abrechnung" mit Hussein gehabt, dessen Entmachtung der Bush-Vater während des ersten Golfkriegs wegen mangelnderRückendeckung nicht zu Ende führen konnte. Da sich die Zahl der im Irak getöteten US-Soldaten der 500-Marke nähert, sollte man annehmen, dass die AussagenO‘Neillzu Beginn des Präsidentschafts-Wahljahres Entrüstung auslösen würden. Doch dass dieser ausbleiben wird und man in den USA die Enthüllungen eher mit einem Schulterzucken abtun wird, liegt an mehreren Gründen. Zum einen ist die Beseitigung des Hussein-Regimes auch unter dem demokratischen Präsidenten Bill Clinton Regierungspolitik gewesen. Dies erklärt auch das Unbehagen bei der Opposition, Breitseiten gegen die Irak-Politik George W. Bushs abzufeuern - und es zeigt auch, warum bei der Frage, ob die Billigung militärischer Schritte vom Weißen Haus durch Täuschung und falsche Behauptungen erreicht wurde, unter Demokraten keine einheitliche Replik zu hören ist. Zum anderen haben Umfragen gezeigt, dass eine Mehrheit der US-Bürger die Invasion und die Absetzung Saddam Husseins selbst dann gutheißen würde, wenn die Suche nach Massen-Vernichtungswaffen erfolglos bleibt. Somit hat die umstrittene Kriegsbegründung des Weißen Hauses in der öffentlichen Debatte weiter an Gewicht verloren - ein Umstand, der einem Präsidenten entgegen kommt, der am liebsten in der Kategorie von "gut” und "böse” argumentiert und den Niederungen unbequemer Fakten-Debatten gerne ausweicht. nachrichten.red@volks freund.de

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