Über den Augenblick hinaus

Man möchte diesem Augenblick zurufen: Verweile doch, du bist so schön! Lange ist es her, dass man sich in Deutschland über ein derartiges Wirtschaftswachstum freuen durfte. Fast ein Prozent im zweiten Quartal 2006, und Experten erwarten für das Gesamtjahr ein Plus von zwei Prozent.

Das sind genau die zwei Prozent Wachstum, ab denen Volkswirte mit einem signifikanten Abbau der Arbeitslosigkeit rechnen. Der wiederum würden mehr Steuern in die Staatskasse spülen und dank neuer Einzahler die kränkelnden Sozialsysteme entlasten. Allein, die Wirklichkeit sieht anders aus: Schon im kommenden Jahr wird sich die Konjunktur wieder abschwächen, die Wirtschaft nur noch um ein Prozent wachsen. Zu wenig, um die Arbeitslosigkeit abzubauen. Wichtigster Grund für die befürchtete Abkühlung der Konjunktur sind die von der Bundesregierung angekündigten Erhöhungen der Mehrwertsteuer und der Krankenkassen-Beiträge. Natürlich handelt die große Koalition nicht aus Jux und Dollerei. Staat und Sozialsysteme brauchen schlicht Geld, da ihre Ausgaben steigen. Doch eben das ist des Pudels Kern: Anstatt Bürgern und Firmen immer mehr Geld aus der Tasche zu ziehen, sollte die Regierung daran gehen, ihre Ausgaben zu begrenzen - Sozialsysteme inclusive. Das hieße zwar, sich etwa in der Gesundheitspolitik mit Pharma-Industrie, Kassen, Apothekern und Ärzten anzulegen und zudem die Wähler zu verärgern, die auf Kassenleistungen verzichten müssten. Doch eine solche Politik käme denen zugute, die in unserer Gesellschaft immer mehr ins Abseits geraten: den Arbeitslosen. Ganz nebenbei profitieren würde auch - die Konjunktur. Denn weniger Arbeitslose bedeuten mehr Kaufkraft und mehr Inlandsnachfrage. Und dann könnte aus dem schönen Augenblick tatsächlich eine kleine Weile werden.. p.hacker@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort