Umdenken erforderlich

Die Kurzsichtigkeit einiger Unternehmer rächt sich. Alten, teuren Mitarbeitern wird nicht selten mit der Pistole auf der Brust und mit großzügigen Angeboten und Teilzeitmodellen der Vorruhestand schmackhaft gemacht. Für zwei oder drei ältere, erfahrene Mitarbeiter kommt ein junger, unerfahrener, aber flexibler und vor allem billiger Neueinsteiger. Was sich betriebswirtschaftlich vielleicht rechnet, kann sich jedoch später als Schuss nach hinten erweisen. Die Verjüngung eines Unternehmens muss nicht unbedingt die Produktivität steigern. Das Wissen, das sich die Älteren im Laufe ihrer Jahre angeeignet haben, ist für ein Unternehmen unbezahlbar. Und wenn nur noch Mittzwanziger das Sagen haben, die - nur ihre eigene Karriere vor Augen - mit dem Kopf durch die Wand gehen, dann fördert das mit Sicherheit nicht das Arbeitsklima. Ein ruhiger besonnener Mittfünfziger kann sich oftmals mehr Respekt verschaffen als ein heißblütiger Jungspund. Doch diese Erkenntnis scheint in vielen Chef-Etagen noch nicht angekommen zu sein. Genauso wenig wie der Irrglaube, dass das frühzeitige Ausscheiden Älterer aus dem Job mehr Arbeitsplätze für Jüngere schaffen würde. Die Alten werden wieder gebraucht. Langsam setzt sich diese Erkenntnis durch. Ein Umdenken ist auch erforderlich. Solange es für einen Unternehmer billiger ist, für einen über 50-Jährigen zwei Junge einzustellen, wird kein Firmenboss ernsthaft auf die Idee kommen, einen noch so erfahrenen Älteren anzuheuern. Die starren Tarifverträge müssen aufgebohrt werden. Leistung muss entlohnt werden und nicht die Zahl der Berufsjahre. Doch diese Erkenntnis ist wiederum bei den Gewerkschaften noch nicht angekommen. Daher, so steht zu befürchten, weist zwar jeder auf die sich verschärfende Job-Misere hin, doch wird es vermutlich weiter bei Lippenbekenntnissen bleiben. b.wientjes@volksfreund.de

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