Und wann kommt Scharping?

Nur eingefleischte Boxfans kennen heute noch Floyd Patterson. Dabei war er der erste Weltmeister aller Klassen, der die eiserne Regel des "They never come back" durchbrach. Bis dahin galt als unumstößlich, dass derjenige, der so richtig im Ringstaub gelegen hatte, es nie mehr zu höchsten Ehren bringen würde. Wer weiß, vielleicht bringt Floyd Patterson es noch zum Schutzheiligen der deutschen Politik. Denn dort sind die skurrilsten Comebacks an der Tagesordnung. Jürgen Möllemann war bis gestern noch ein dubioser Polit-Gaukler - jetzt zittert die FPD vor ihm. Oskar Lafontaine galt als leicht verhaltensgestörter Frührentner - nun wird er wieder als SPD-Hoffnungsträger gehandelt. Womöglich hängt die Retro-Welle mit dem aus Sport und Showgeschäft bekannten Bedürfnis nach "Bad Guys" zusammen. Das Publikum braucht die Baslers und Bohlens, die Effenbergs und Ernst Augusts, die Klaus Kinskis und Klaus Löwitschs, mit einem Wort: die personifizierten Unsympathen. Niemand kann sie leiden, aber keiner will auf sie verzichten, denn die anderen sind einfach zu langweilig. Dieses Alfred-Tetzlaff-Syndrom eröffnet auch den Gestrauchelten der deutschen Politik eine Chance. Wer weiß, wer alles noch auftaucht: Der Spenden-Altkanzler, Putzfrauen-Krause, Immobilien-Diestel? Bösewicht-Darsteller werden immer gebraucht. Nur unterhaltsam müssen sie sein. Weshalb übrigens Rudolf Scharpings Comeback-Aktien nicht gut stehen. d.lintz@volksfreund.de

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