Unerträgliche Grauzone

Bürgermeister haben es manchmal nicht einfach. Man erwartet von ihnen zu Recht, dass sie in Zeiten knapper Kassen ihren Laden führen wie ein modernes Unternehmen und nicht wie eine antiquierte Hoheitsverwaltung.

Sie sollen outsourcen, effektivieren, investieren, Finanzierungspartner finden, den Service hochhalten. Aber die Rechtsgrundlagen, auf denen sie sich bewegen, beruhen oft noch auf der Mentalität der preußischen Staatsverwaltung. So kommt es, dass sich auf dem unübersichtlichen Gelände zwischen zeitgemäßem Management, Verwaltungsvorschriften und den Rechten der Mandatsträger immer öfter Bürgermeister ins Terrain des Strafrechts verirren. Manchmal mit Manipulations-Vorsatz. Dann gehören sie vor Gericht. Manchmal aber auch aufgrund einer Mischung aus gutem Willen und mangelnder Kompetenz. Dann sind sie ein Fall für den Wähler, nicht für die Justiz. Unfähigkeit allein ist nicht strafbar, auch wenn sie das Gemeinwesen Geld kostet. Die sehr interpretationsfähigen Formulierungen des Untreue-Paragrafen sorgen für eine unerträgliche Grauzone. Der eine glaubt, er dürfe alles, wenn er nur der - vielleicht irrigen - Überzeugung ist, er diene dem Gemeinwohl. Der andere traut sich nicht mehr, Notwendiges zu tun, weil er, wenn es schief geht, befürchten muss, vor Gericht gezerrt zu werden. Klare rechtliche Regelungen würden da helfen. Auf das Augenmaß von Anklägern und die Einzelfallprüfung durch Gerichte zu setzen, reicht nicht. Schon deshalb, weil bereits die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und die Erhebung einer Anklage heute den Ruf eines Verwaltungschefs gefährden und seine politische Karriere ruinieren kann. Insofern gilt auch für den Fall Gerolstein: Die Angeklagten gelten als unschuldig, so lange sie nicht verurteilt sind. Klar ist aber auch, dass die Staatsanwaltschaft nach den Feststellungen des Trierer Verwaltungsgerichts gar keine andere Wahl hatte, als Anklage zu erheben. d.lintz@volksfreund.de

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