Unfehlbar?

Was wird nach drei Fernsehen-Duellen zwischen George W. Bush und John Kerry in den letzten18 Tagen bis zur Präsidentschaftswahl die Erinnerung der Bürger prägen? Es dürften vor allem zwei Auffälligkeiten sein: Die verbale Hilflosigkeit des Amtsinhabers in der ersten Debatte und dann, im nächsten Aufeinandertreffen, seine Weigerung, auf die Frage einer Saalbesucherin auch nur eine einzige Entscheidung zu konkretisieren, bei der er sich geirrt habe.

Stattdessen gab es wie erwartet harsche Attacken auf seinen Herausforderer, der dann bei der Aufzählung der vermeintlichen Fehler des Präsidenten gar nicht mehr enden wollte. Doch in einem Wahlkampf-Klima, wo - wie es Bush selbst immer wieder betont - angesichts der sicherheitspolitischen Herausforderungen vor allem Führungsqualitäten gefragt sind, könnte dem Texaner das Beharren auf der eigenen Unfehlbarkeit am Ende zum Verhängnis werden. Denn Stärke definiert sich auch durch die Fähigkeit, hin und wieder offen Fehler einzugestehen - wobei allein die Lage im Irak Anlass genug böte. Doch Bush und seine Strategen haben sich gegen kritische Selbstreflexion entschieden - und dafür, John Kerry als "Gefahr” für das Land darzustellen, weil dieser im Kampf gegen den Terror mit "Sensitivität” und breiterer internationaler Rückendeckung vorgehen wolle. Das mag der erzkonservativen Basis Bushs in den Südstaaten gefallen. Doch wie werden jene Erst- und Wechselwähler auf die "Kein Irrtum möglich”-Philosophie reagieren, die im Irak mit einem hohen Blutzoll einher geht? Was Bush als kraftvolle Politik empfinden mag, ist in der Realität Sturheit, die einem noch vor Wochen weit zurückliegenden politischen Gegner in die Hände spielt. nachrichten.red@volksfreund.de

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