Unternehmen Schilda

Dass die Rechtschreibreform eine der überflüssigsten Unternehmungen der letzten Jahrzehnte ist, dürfte mittlerweile jedem klar geworden sein. Sprache entwickelt sich von selbst und bedarf keiner Einpfuschungen von selbst ernannten Kompetenzlern.

Dass die Rechtschreibreform eine der überflüssigsten Unternehmungen der letzten Jahrzehnte ist, dürfte mittlerweile jedem klar geworden sein. Sprache entwickelt sich von selbst und bedarf keiner Einpfuschungen von selbst ernannten Kompetenzlern. Die sollten lieber ein Auge darauf haben, dass die deutsche Sprache, so unvollkommen wie sie ist und immer sein wird, von Absurditäten wie "Gabi‘s Schmucklädchen" oder "Bei‘m Wolfgang" verschont bleibt. Damit könnten sich die Deutsch-Herren wirklich einen goldenen Duden verdienen. Bewundernswert an diesem Unternehmen Schilda ist vor allem die Beharrlichkeit, mit der die Beteiligten ihrem skurrilen Tun nachgehen. Selbstverständlich wissen sie mittlerweile selbst, dass sie der Geister, die sie riefen, längst nicht mehr Herr werden. Was natürlich keiner zugeben darf, wäre es doch gleichzeitig auch das Eingeständnis, jahrelang für den Mülleimer gearbeitet zu haben. Und wer sind die Leidtragenden dieser kostenintensiven (macht nix, sind ja nur Steuergelder) Farce? Lehrer und Schüler, die ihre Schützlinge im Heumoso-Verfahren (heute so, morgen so) durch den Deutschunterricht jagen müssen. Den meisten Bundesbürgern ist es ja egal, wie sie schreiben, aber diejenigen, denen es nicht egal sein darf (und dazu gehören vor allem Schüler, deren Rechtschreibfähigkeit zur Beurteilungsgrundlage ihrer Leistungen genommen wird) – sollen sie das Lernen fürs Erste bleiben lassen? Was können ihnen die Lehrer noch mit an die Hand geben, wenn sie selbst mit einem linguistischen Provisorium fertig werden müssen, dessen Vergänglichkeit vom Tag seiner Verkündigung an feststeht? Glücklicher Sisyphos! Seine Tätigkeit mutet im Vergleich zur Rechtschreibverformung von überwältigender Sinnhaftigkeit an: Immerhin konnte er an der frischen Luft seine Muskeln stählen. r.nolden@volksfreund.de

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