Verheerendes Zeichen

Keine Mauer ist so hoch, dass man damit ein Land dauerhaft gegen seine Umgebung abschotten könnte. Ariel Scharon müsste, wenn er denn belehrbar wäre, nur einen Blick in die jüngere Geschichte werfen, um zu dieser Erkenntnis zu gelangen.

Sicher ist das an Größenwahn grenzende Projekt auch Ausdruck der Verzweiflung und Ratlosigkeit, mit der Israel auf den unerträglichen Terror gegen seine Zivilbevölkerung reagiert. Aber Probleme lassen sich nicht einmauern, sie müssen gelöst werden. Dazu gehört ein zumindest völkerrechtlich korrekter Umgang mit den Palästinensern, und dazu gehört auch, dass man einem wie auch immer gearteten palästinensischen Staat ökonomische Überlebenschancen einräumt. Die Mauer widerspricht beidem. Vor allem aber ist sie ein verheerendes Zeichen in einer Zeit, da sich die unversöhnlichen Lager zumindest minimal auf einander zu bewegen. Waffenstillstand, Terrorverzicht, Gefangenenfreilassung: Selbst die kleinsten Fortschritte würden zunichte gemacht, wenn weiter eine Mauer durchs Land gezogen wird. Setzt Israel den Bau fort, wird die gemäßigte Linie des palästinensischenMinisterpräsidenten Abbas nicht durchzuhalten sein. Das wäre auch eine fatale politische Niederlage für US-Präsident Bush. Bisher standen die Amerikaner in Treue fest zu ihren israelischen Verbündeten. Es wäre an der Zeit, klar zu machen, wo die Grenzen sind. Gegen Bushs Willen wird Israel nicht agieren. Die Entscheidung fällt nicht in Jerusalem, sondern in Washington. d.lintz@volksfreund.de

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