Versetzung stark gefährdet

BERLIN. Thüringens Mini-sterpräsident Dieter Althaus (CDU) vermutet hinter den monatelangen Querelen in der Union auch eine Intrige gegen seine Parteivorsitzende Angela Merkel.

CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer hat seinen schwarzen Humor noch nicht verloren. In den Augen der Öffentlichkeit bekomme die Union derzeit wohl eher die Schulnote vier als zwei, sagte er einer Zeitung. Der Mann hat Nerven: Tatsächlich schwankt die Note zwischen fünf und sechs, die Versetzung in den Stand der Regierungsfähigkeit ist schwer gefährdet. Zu allem Überfluss verschärfte der thüringische Ministerpräsident Dieter Althaus die Debatte am Sonntag mit der Vermutung, gegen Parteichefin Angela Merkel könnte eine Intrige aus den eigenen Reihen laufen. Kaum eine Gazette, die sich nicht in epischer Breite der Krise der Union angenommen hätte. Der "Spiegel" entdeckte dabei den "einsamen Kampf der Angela Merkel", die unionsfreundliche "Welt am Sonntag" das pure "Chaos". Ob die Althaus-Bemerkung nur flapsig daher gesagt war oder einen wahren Kern hat, spielt schon fast keine Rolle mehr: Sie erinnert an den Versuch, einen Brand mit Benzin zu löschen. Entsprechend harsch fiel auch die Reaktion des stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Christian Wulff aus, der diese Unterstellung als "absurd" bezeichnete und Althaus gar parteischädigendes Verhalten vorwarf. Die Komplott-Theorie ist auch deshalb gefährlich, weil sie von den Medien immer wieder durchgespielt wird, mit den Namen der üblichen Verdächtigen: Edmund Stoiber, Roland Koch, Peter Müller, Christian Wulff. Angereichert wurde die Diskussion mit dem Vorschlag des CDU-Vorsitzenden von Mecklenburg-Vorpommern, Eckhardt Rehberg. Merkel müsse schnellstmöglich zur Kanzlerkandidatin gekürt werden, sagte er im NDR. In diesem Sinne äußerten sich auch Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust und Brandenburgs CDU-Chef Jörg Schönbohm - ungeachtet der Tatsache, dass die CSU davon nichts wissen will. Selbst der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle forderte die Union auf, die Kandidatenfrage alsbald zu lösen. Ergänzt wird das verheerende Erscheinungsbild der CDU durch Putsch-Gerüchte in Schleswig-Holstein, wo im Februar ein neuer Landtag gewählt wird: Starke innerparteiliche Kräfte wollten den unglücklich agierenden Spitzenkandidaten Peter Harry Car-stensen angeblich zum Rückzug drängen. Hilfe in der Not soll nun in Person des stellvertretenden CDU-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schäuble kommen. Mehrere Medien meldeten, Merkel habe ihrem Vorgänger angeboten, anstelle des zurück getretenen Friedrich Merz die Verantwortung für Wirtschaft und Finanzen zu übernehmen. Diese Personalie wäre nicht ohne Pikanterie: Zwar ist Schäuble der einzige Spitzenpolitiker der CDU, dem zugetraut wird, es in diesem Fachgebiet mit den Ministern Wolfgang Clement und Hans Eichel aufnehmen zu können. Doch gilt auch das Verhältnis zwischen Merkel und Schäuble als belastet, nachdem die Vorsitzende den Namen des Ex-Chefs beim Ringen um die Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten nur als taktische Manövriermasse eingesetzt hat. Dem Vernehmen nach will sich Schäuble Anfang dieser Woche entscheiden, ob er das Angebot annehmen will. Merkel selbst plant als Ausweg aus der Krise derweil eine inhaltliche Offensive. Auf dem Parteitag Anfang Dezember wolle sie ihren Reformkurs neu begründen, sagte sie dem "Spiegel".

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