Versöhnen statt spalten

Die Vorgänge am Bonhoeffer-Gymnasium erinnern an die Geschichte vom Kaukasischen Kreidekreis. Da ist ein Kind, an dem jeder zerrt: Der Schulleiter, die Eltern, die Lehrer, die Träger-Stiftung. Keiner gibt nach, weil jeder meint, er wisse den besten Weg.

Und keiner merkt, dass das Kind irreparable Schäden davonträgt. Es gibt Situationen, die kommen zustande, ohne dass sich ein Schuldiger ausmachen lässt. Fest steht: Es geht ein Riss durch die Schule. Die Elternschaft ist tief gespalten, der Träger abgetaucht. Die Lehrer haben sich fast unisono gegen den Schulleiter gestellt. Das können nicht nur Quertreiber sein, schließlich hat er sie einst selbst mit ausgesucht. Das ist wie bei mancher Ehe: Man war einmal heftig verliebt und hat sich dann auseinander gelebt. Die Eigenschaften, die man an jemandem geschätzt hat, als man eine gemeinsame Existenz aufbaute, erscheinen im späteren Alltag unpassend, ja unerträglich. Vielleicht hat Heinrich Bentemann, ohne dessen Engagement es diese Schule so nicht gäbe, das Umschalten vom Pionier zum Partner verpasst. Vielleicht hat der Träger nicht beizeiten die Linie geklärt. Vielleicht haben seine Lehrer ihm nicht bei der Umstellung geholfen. Aber es sieht auch nicht so aus, als wolle er andere, neue Wege gehen. Was man von ihm hört, klingt eher nach "Hier stehe ich, ich kann nicht anders". Eine honorige Position für einen evangelischen Kirchenmann. Aber keine kluge für einen Schulleiter, der versöhnen muss statt spalten. So wie die Dinge liegen, kann es einen Neuanfang mit Bentemann nicht geben. Dafür ist zu viel passiert. Und es muss bis Ferienende seitens des Schulträgers Klärungsprozesse geben, weil jeder weitere Chaos-Tag der Schule (und ihren Schülern, falls das einen interessiert) elementar schadet. Für lange Mediationen ist keine Zeit. Es wäre eine große Leistung, wenn Bentemann, der mehr als jeder andere der Vater dieser Bonhoeffer-Schule ist, auch derjenige wäre, der freiwillig loslässt. Nicht als Schuldanerkenntnis, sondern aus Liebe zu seinem "Kind". Ein solcher Schritt wäre freilich leichter, wenn auch andere, die die Eskalation dieses Konfliktes hätten verhindern müssen, den Weg für einen Neustart frei machen. d.lintz@volksfreund.de

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