Verständlich, aber aussichtslos

Angela Merkels Kampf gegen EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ist durchaus nachvollziehbar. Es gibt unbestreitbar Grund zur Skepsis: Defizite in der Gesetzgebung, archaische Denkweisen, Blutrache, das Erstarken der Islamisten, wirtschaftliche Rückständigkeit in manchen Regionen.

Dennoch kämpft die CDU-Chefin zu Recht auf verlorenem Posten. Denn es war nicht zuletzt Übervater und Dauerkanzler Helmut Kohl, der die Türken in Richtung Europa immer wieder ermuntert hat. Wer einem Land so viele Jahre Avancen macht, der kann nicht - kurz bevor es ernst wird - kneifen. Zudem liegen zwischen dem Beginn der Verhandlungen und dem möglichen Beitritt realistisch geschätzt mindestens zehn bis 15 Jahre. Zeit genug, um all die Veränderungsprozesse anzustoßen oder zu beschleunigen, die notwendig sind, um das strategisch wichtige Land am Bosporus fit zu machen in Sachen Demokratie und Menschenrechte. Und Zeit genug auch für die Europäische Union, um die Neumitglieder und solche, die es demnächst werden, weitgehend verdaut zu haben. Bei aller berechtigten Kritik an der Türkei dürfen drei entscheidende Punkte nicht vergessen werden: Die Türkei ist das einzige islamische Land, das Religion und Staat strikt trennt. Sie ist der einzige islamische Staat mit einer demokratischen Staatsform, auch wenn noch vieles im Argen liegt. Und: Wer der Türkei den Weg nach Europa verbaut, treibt sie in die Hände der Islamisten. Eine Horrorvorstellung für die ganze Europäische Union - die im übrigen ja auch eine Wertegemeinschaft ist, in die ein mögliches Mitglied Türkei fest eingebunden wäre. Menschenrechte eingeschlossen. d.schwickerath@volksfreund.de

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