Viel und wenig

Finalmente! Endlich kehrt Italien zurück in den Kreis der Staaten mit ernst zu nehmenden Regierungen. Lagen die Institute gestern Abend nicht völlig daneben, haben die Italiener Silvio Berlusconi abgewählt.

Den Prognosen zufolge ist das Mitte-Rechts-Lager des bisherigen Ministerpräsidenten in beiden Kammern deutlich hinter das Mitte-Links-Bündnis von Romano Prodi zurückgefallen. Damit endet die Ära des Mannes, der sein Amt so schamlos wie wohl kein anderer im Nachkriegs-Europa zu persönlichen Zwecken nutzte. Berlusconi änderte Gesetze, um seine Wirtschaftsmacht ungehindert ausbauen zu können, er änderte Gesetze, um der Strafverfolgung zu entgehen, er änderte Gesetze, um seine Chancen bei der Wahl zu erhöhen. Für ihn war der Staat stets ein Gegner, den es zu überlisten galt - eine typisch italienische Sicht auf das Gemeinwesen, die Millionen seiner Landsleute teilen. Berlusconi, der reichste Mann Italiens, avancierte zum Helden der so denkenden Bürger. Nun hat der andere Teil der Italiener die Oberhand gewonnen. Die Menschen, die erkannt haben, welch enormer Imageschaden Berlusconi seinem Land zugefügt hat, die, denen es wehtat, Italien zur Bananenrepublik verkommen zu sehen. Der Wahlsieg des Mitte-Links-Bündnisses "L'ulivo" ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Doch der künftige Regierungschef Prodi steht vor gewaltigen Herausforderungen. Nicht genug damit, dass sein wichtigstes Ziel - die stagnierende italienische Wirtschaft auf Vordermann zu bringen - eine Herkules-Aufgabe ist: Es dürfte auch äußerst schwierig werden, das Bündnis zusammenzuhalten. Nur mit großer Mühe kam der "Ulivo" überhaupt zustande, und er versammelt Parteien, die das Spektrum der deutschen Linkspartei über SPD und Grüne bis hin zur FDP abdecken. Der Wahlsieg der italienischen Linken ist damit viel und wenig zugleich. i.kreutz@volksfreund.de

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