Von Polit-Pensionären und Autoverkäufern

EBERHARD DIEPGEN war mal Regierender Bürgermeister von Berlin. Als die große Koalition in der Hauptstadt 2001 platzte, verabschiedete sich der CDU-Mann in den Ruhestand. Jetzt plant der Politpensionär sein Comeback.

Diepgen, mittlerweile sogar Ehrenvorsitzender der Berliner Union, will bei den anstehenden Neuwahlen für den Bundestag kandidieren. Mit 63 Jahren! Zum Vergleich: Wilhelm Schmidt, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, ist 61 Jahre alt und hört nach 18 Jahren nun auf. Das lässt drei Rückschlüsse zu: Erstens zeigt es, wie es um die Berliner CDU bestellt ist. Zweitens scheint Diepgen nicht genug zu kriegen - und drittens: die Union hat ein bemerkenswertes Verständnis von Aufbruch und Generationswechsel. INSBESONDERE bei Rot-Grün werden sich wohl die Reihen im Bundestag lichten - voraussichtlich um ein Drittel. In dieser Woche prognostizierte der Wahlinformationsdienst election.de, welcher Promi sein Mandat verlieren dürfte: Verteidigungsminister Peter Struck wird in seinem Wahlkreis Celle-Uelzen unterliegen, Gesundheitsministerin Ulla Schmidt in Aachen und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wiezcoreck-Zeul in Wiesbaden, sagen die Experten. Ein weiterer Name auf der Liste der gefährdeten Abgeordneten ist SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter (Berlin). Und selbst die Genossen Ottmar Schreiner (Saarlouis) und Michael Müller (Düsseldorf) müssen laut election.de zittern. Da hilft nur noch der Kampf um einen sicheren Listenplatz - aber die sind ja diesmal auch äußerst knapp. EINER WILL ES hingegen noch mal wissen. Wer sonst als der unverwüstliche Hans-Christian Ströbele? Der Grünen-Fraktionsvize will sich noch einmal im Berliner Wahlkreis "Kreuzberg-Friedrichshain-Prenzlauer Berg Ost" um ein Direktmandat bemühen. "Ich will mitwirken, die Grünen auf den richtigen Weg zu bringen zu einer modernen linken Politik", so der 65-Jährige selbstbewusst. Er hat durchaus Chancen: In seinem Kiez ist Ströbele so etwas wie eine linke Ikone, und 2002 war er der erste Grüne, der direkt in den Bundestag gewählt worden ist. SOLLTE SICH FRIEDRICH MERZ, langjähriger Gegenspieler von Angela Merkel, hingegen unsicher sein, was er künftig tun soll, wie wär's mit Autoverkäufer? Von allen Politikern halten die deutschen freien Autohändler ihn für den Vertrauenswürdigsten. Merz gewann die diesjährige Verbandsumfrage wie schon 2004 und erhielt dafür am Dienstag das "goldene Lackschichtdicken-Messgerät" überreicht. Zweitbester Autoverkäufer wurde FDP-Chef Guido Westerwelle. Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel kam übrigens auf Platz sechs - zumindest hier lag sie schon mal vor Bundeskanzler Gerhard Schröder, den Merkel hauchdünn auf Platz sieben verwies. Hagen Strauß

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