Vorfahrt für das Leben

Es ist immer dasselbe Lied: Alle sind für Umweltschutz, außer im konkreten Falle droht ein als positiv angesehenes Straßenbauprojekt oder Gewerbegebiet durch rechtliche Vorgaben oder den Widerstand von Naturschützern zu kippen.

Einen gerechten Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie zu suchen, hört schnell bei persönlichen Interessen vor der eigenen Haustür auf. Rasch hochkochende Emotionen tun meist das Ihre, den Weg zu einer Einigung zu verbauen. So wird weiter erbittert um den Hochmoselübergang gestritten und in der Eifel beim Lückenschluss der A 1 um ausreichende Umweltverträglichkeitsprüfungen gerungen. Beide Projekte haben wirtschaftlich und verkehrstechnisch Sinn, müssen aber auch vor Ort vermittelt werden, denn am Ende steht neben Specht und Kröte immer auch die Lebensqualität von Menschen auf dem Spiel. Vor allem bei der Moselquerung ist dies eine hohe Hürde. Über einen langen Prozess den möglichst verträglichen Weg zu finden, ist nicht das Problem, denn lange Gerichtsverfahren haben schon viele Bausünden verhindert, auch wenn dies Planer nicht gerne hören. Dass es auch anders geht, hat die Vereinbarung zwischen BUND und Flughafen Hahn im Streit um die längere Landebahn und Mopsfledermaus-Quartiere gezeigt. Tatsache ist, dass vor allem EU-Richtlinien zur Ausweitung von Schutzgebieten den Naturschützern zupass kamen, weil sie im dicht besiedelten Deutschland oft für spürbare Einschränkungen sorgen. In einzelnen Fällen wird beim Naturschutz auch über das Ziel hinausgeschossen, wenn etwa der ominöse, nur von einzelnen Vogelkundlern gesichtete Mornellregenpfeifer auf dem Saargau gleich geplanten Windkraftanlagen den Saft abdreht. Umweltschutz kann zwar nicht das Maß aller Dinge sein. Doch es wäre der falsche Weg, entsprechende Standards oder gesetzliche Vorgaben nach politischer Wetterlage hin- und her- schieben zu wollen. Daher muss auch schon mal ertragen werden, dass Grünbrücken finanziert, Überflughilfe installiert, Feldhamster oder Kreuzkröten umgesiedelt werden. Alles in allem ein bezahlbarer Preis. Dass sich der Mensch die Erde untertan mache, galt gestern - und gilt leider noch in rasch aufstrebenden Schwellenländern, die ihren Preis dafür allerdings noch zahlen werden. j.winkler@volksfreund.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort