Wahrheit statt Verheißung

Irgendwie muss Franz Müntefering so etwas wie eine Eier legende Wollmilchkuh über den Weg gelaufen sein. In einem Interview versprach der SPD-Chef und künftige Vize-Kanzler jetzt, den zerrütteten Staatshaushalt möglichst ohne Steuererhöhungen zu sanieren.

Zugleich schüttete er ein Füllhorn kostenträchtiger Verheißungen aus. Weitere Beschäftigungsmaßnahmen für ältere Arbeitslose, ein Sanierungsprogramm zur Wärmedämmung an Gebäuden, und wer künftig einen Handwerker bestellt, der darf die Rechnung beim Fiskus geltend machen. Natürlich ist jede dieser Ideen für sich genommen vernünftig. Doch allesamt sind sie zu schön, um wahr zu sein. In Berlin gehen die Koalitionsverhandlungen in ihre entscheidende Phase. Da möchte offenbar niemand für unpopuläre Maßnahmen haftbar gemacht werden. Am allerwenigsten die SPD, deren Wahlprogramm gemessen an der düsteren Lage schlaraffenlandartige Züge trug. Das Schwarze-Peter-Spiel ist dann auch leicht zu durchschauen. Dabei sind die Bürger schon viel weiter. Sie wissen, dass der prekären Kassenlage wohl nicht ohne Steuererhöhungen - in welcher Form auch immer - beizukommen ist. Am Ende wird die SPD dafür genau so verantwortlich sein wie die Union. Wahr ist allerdings auch, dass sich beide Lager in der Koalitionsvereinbarung wiederfinden müssen. Das verlangt wechselseitige Zugeständnisse. Eine Strategie nach der Devise, der eine zeichnet für die Grausamkeiten verantwortlich und der andere für die Geschenke, ist zum Scheitern verurteilt. nachrichten.red@volksfreund.de

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