Warten auf den neuen Papst

Welchen Papst braucht die (katholische) Welt? Mit dieser Frage befassen sich seit dem Tod von Johannes Paul II. die in Rom versammelten Kardinäle – am Rand der Trauerfeierlichkeiten, in vielen Gesprächen und "Sondierungstreffen", begleitet von den Erwartungen und Gebeten der Gläubigen in aller Welt.

Welchen Papst braucht die (katholische) Welt? Mit dieser Frage befassen sich seit dem Tod von Johannes Paul II. die in Rom versammelten Kardinäle – am Rand der Trauerfeierlichkeiten, in vielen Gesprächen und "Sondierungstreffen", begleitet von den Erwartungen und Gebeten der Gläubigen in aller Welt. Diese Frage wird auch das heute im Vatikan beginnende Konklave beherrschen, in dem die Paptswähler in geheimer Wahl den Mann finden und auf den Weg schicken sollen, der auf denkbar beste und umfassendste Weise geeignet ist, in die großen Fußstapfen des Papstes zu treten, von dem soeben mit überwältigender Anteilnahme Abschied genommen worden ist. Dieser Abschied von Johannes Paul II. war nicht nur ein denkwürdiges Medienereignis, das alle Grenzen gesprengt und selbst gefühllose und an der Kirche uninteressierte Zeitgenossen berührt hat. Er wirft auch ein völlig überraschendes Schlaglicht auf die Situation der katholischen Kirche, die gerne als im Reformstau befindliche Großinstitution auf absteigendem Ast wahrgenommen wird. Der Tod des Papstes und die Rückschau auf sein Leben und seine Überzeugungskraft als standfester Kirchenführer, um das Wohl der Menschheit besorgter Mensch und authentische Persönlichkeit zugleich hat der Kirche ein hohes Maß an Aufmerksamkeit verschafft. Klar, dass das auch Kardinäle beschäftigen wird, die den neuen Papst zu wählen haben. Die Kirche befindet sich in einer Stunde der Wahrheit. Ob sie zugleich eine Stunde des Aufbruchs und der Hoffnung nicht nur für die katholische Welt werden kann, das hängt vom Ausgang des Konklaves maßgeblich ab. Insofern dürften auch die bei Papstwahlen üblichen Szenarien und Sandkastenspiele genauso verblassen wie die Ängste und Vorurteile, mit der einer vermeintlichen vatikanischen Ränkeschmiede und den immer wieder gern zitierten "Lagern" aus erzkonservatien und progressiven Kardinälen zugetraut wird, hinter den Kulissen bereits die entscheidenden Pflöcke eingerammt zu haben. Spätestens seit dem Abschied von Johannes Paul II. ist da, wenn auch nicht alles neu, so doch einiges anders geworden. Kaum vorstellbar, dass bei der Wahl das Alter oder die Nationalität eines Kandidaten wirklich eine entscheidende Rolle spielen werden. Auch Hinweise auf die Papstgeschichte, wonach auf ein langes Pontifikat bewusst ein schon betagter Oberhirte gewählt werden könnte, sind nicht mehr als eine gedankliche Spielerei. Selbst die in diesen Tagen hoch stilisierte Auseinandersetzung zwischen den "Lagern" um die Kardinäle Ratzinger und Martini könnten sich mit dem Aufsteigen des von den Gläubigen ersehnten weißen Qualms aus dem Kamin der Sixtinischen Kapelle als Schall und Rauch erweisen. Zumindest werden alle Spekulationen um die mögliche Aussicht bereichert, dass – ähnlich wie bei der vorherigen Papstwahl – ein echter Überraschungskandidat das Rennen macht. Ein Lateinamerikaner vielleicht, der den Finger in die Wunde des immer mehr auseinander klaffenden Nord-Süd- (Arm-Reich-) Gefälles legen könnte? Auch das nur eine Nuance im Abgleich zahlreicher Spekulationen. Zu wünschen wäre allen Beteiligten, dass der neue Papst – wie alt und welcher Nationalität auch immer – ein gesunder Mann ist, den Strapazen des Amts gewachsen, ein erfahrener Seelsorger, der einen und überzeugen kann, ein Oberhirte, der souverän und kollegial die Geschicke der Kirche leiten und als Mensch die Herzen gewinnen kann. Dass er ein Mann der Einheit und insofern auch ein im guten Sinn Konservativer sein wird, dürfte außer Frage stehen. Wer, wenn er denn nicht Schlimmes im Schilde führte, würde sich einen Papst wünschen, der das Fähnchen in den Wind hält, der da gerade weht? Nicht einmal und gerade nicht junge Menschen, die zuletzt einem Papst zugejubelt haben, der weiß Gott keine bequemen Botschaften überbracht hat. Gerade vielen deutschen Katholiken, die sich mit gründlicher Kritik an kirchlichen Strukturen hervortun, kann nur das Beste passieren, wenn aus dem Konklave ein starker, den Grundfesten der christlichen Botschaft verhafteter Papst hervorgeht, der sich der Einheit verpflichtet weiß und zugleich als souveräne Gestalt zu Reformen fähig ist. m.pfeil@volksfreund.de

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