Warum bleiben?

Erneut ein blutiges Wochenende im Irak – und erneut bohrende Fragen in Richtung US-Regierung. Während im Weißen Haus weiter darauf beharrt wird, es gehe in Sachen innere Sicherheit im Irak aufwärts und man fügt hinzu, ein Rückruf der US-Truppen sei derzeit keine Alternative, spürt George W. Bush derzeit immer stärker Gegenwind aus den eigenen Reihen.

Erneut ein blutiges Wochenende im Irak – und erneut bohrende Fragen in Richtung US-Regierung. Während im Weißen Haus weiter darauf beharrt wird, es gehe in Sachen innere Sicherheit im Irak aufwärts und man fügt hinzu, ein Rückruf der US-Truppen sei derzeit keine Alternative, spürt George W. Bush derzeit immer stärker Gegenwind aus den eigenen Reihen. Niemand formulierte es bisher schärfer als der angesehene republikanische Senator Chuck Hagel, der dem Präsidenten vorwirft, jeden Bezug zur Realität verloren zu haben. Hagels Credo: Amerikas Militärs seien dabei, den Kampf zu verlieren, und es gebe keine Besserung, sondern nur eine Verschlechterung der Situation. Der Bush-Parteifreund ergänzte, dass die Lage im Irak auch mehr und mehr Republikanern auf dem Kapitolshügel Kopfschmerzen bereite. Diese Erosion des politischen Unterbaus geht derzeit Hand in Hand mit einem schwindenden Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierungskünste Bushs: Mittlerweile zeigen sich 59 Prozent der US-Bürger unzufrieden mit der Art und Weise, wie der Präsident die Herausforderungen im Irak angeht. Die USA zahlen angesichts des weiter hohen Blutzolls auch in den eigenen Reihen deshalb den Preis vor allem für die kolossale Fehleinschätzung von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, der zu Beginn des Feldzugs nach der Devise handelte: Nur gerade einmal soviel Truppen einsetzen, dass der Krieg nicht verloren geht. Ein Konzept für den Nachkriegs-Irak spielte dabei für die Pentagon-Planer so gut wie keine Rolle. Und wesentliche zusätzliche Hilfe von außen können die USA auch von den Europäern nicht erwarten. Gleichzeitig erweist es sich als amerikanische Phantasie, den Zustrom von neuen Extremisten, Waffen und Bomben-Material aus den irakischen Nachbarländern wirksam unterbinden zu können. Die täglichen Attacken auf die US-Truppen und die irakischen Sicherheitskräfte fordern ihren Tribut nicht nur in Menschenleben. Kidnappings, Versorgungsengpässe, eine am Boden liegende Wirtschaft – dies alles sind düstere Begleiterscheinungen. Die "Augen zu und durch"-Philosophie Bushs bietet angesichts der sich nicht bessernden Sicherheitslage wenig Zukunftsperspektive. Warum also bleiben? Ein Rückzug der "ungläubigen" Amerikaner würde zumindest den Extremisten einen großen Teil des ideologischen Nährbodens entziehen. Die USA haben mit der Entmachtung des Despoten Saddam Hussein und seiner mörderischen Clique die ersten Weichen für einen besseren Irak gestellt. Nun sollte es die Aufgabe des irakischen Volkes sein, seinen eigenen, zweifelsohne schmerzhaften Weg in die Zukunft zu gestalten und gegen jene zu kämpfen, die sich dem Fortschritt mit Gewalttaten entgegenstellen. nachrichten.red@volksfreund.de

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