Wem nutzt es?

Kein Zweifel: Der unter perfekter Geheimhaltung orchestrierte Bagdad-Blitzbesuch von US-Präsident Bush war ein brillant geplantes und von der Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung mit Bewunderung wie Zustimmung begleitetes Propaganda-Manöver.

Zu einem Zeitpunkt, wo US-Truppen im Irak fast täglich durch Bombenanschläge und Hinterhalt-Attacken dezimiert werden, ging der Präsident mit der Landung in der irakischen Hauptstadt wie kaum ein anderer US-Staatsmann zuvor ein persönliches Risiko ein - um dabei den bevorstehenden Wahlkampf niemals aus den Augen zu verlieren. Denn bei der Antwort auf die unvermeidbare Frage "Qui bono - wem nützt's?", rückt vor allem die Person Bushs in den Vordergrund. Seine Visite, die man mit der Devise "Truthahn und Tränen für die Truppe" überschreiben könnte, lenkt zumindest für einen Moment von jenen Widersprüchlichkeiten und Unzulänglichkeiten ab, die sich wie ein roter Faden durch die Nachkriegs-Strategie des Weißen Hauses ziehen. Die nun beabsichtigte beschleunigte Macht-Übergabe - in völliger Abkehr von früheren Überlegungen - ist dabei nur die Spitze des Konfusions-Eisbergs. Ebenso schwer macht der US-Regierung die sinkende Moral der Soldaten zu schaffen - ein Fakt, an dem es nichts zu deuteln gibt. Der Thanksgiving-Coup gibt Bush hierbei zwar eine kurze Atempause, doch die grundlegenden Probleme - eine zu dünne Personaldecke aufgrund mangelnder internationaler Hilfe, zu lange Einsatzzeiten und nagende Zweifel am Sinn der Mission - wird sein Besuch langfristig nicht überdecken können. Was am Ende bleibt, sind also wie so oft Bilder: Ein umjubelter Oberbefehlshaber, den seine eigene Show zu Tränen rührt. Für einen Wahlkampf-Werbespot mag dies gutes Material sein, für überzeugende Realpolitik taugen derartige Aktionen jedoch wenig. nachrichten@red.volksfreund.de

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