"Wer arbeiten muss, muss mehr verdienen"

TRIER. Länger arbeiten, weniger Urlaub? Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Chef der Mittelstandsvereinigung Peter Rauen (58, Salmrohr) äußert sich im TV -Interview.

Was halten Sie von der Arbeitszeitdiskussion? Rauen: Das ist alles wie gewollt und nicht gekonnt. Die Menschen, die arbeiten, brauchen netto mehr in der Tasche und gleichzeitig müssen die Arbeitskosten gesenkt werden. Der größte Irrtum der vergangenen Jahre war, dass man glaubte, Arbeit durch Frühverrentung und durch immer mehr bezahlte Nichtarbeitstage auf immer mehr Schultern verteilen zu können. Das muss endlich korrigiert werden. Allerdings scheint derzeit niemand so genau zu wissen, wo man hin will. Müssen wir länger arbeiten oder besser auf Urlaub verzichten? Rauen: Ich ärgere mich maßlos über manche Wirtschaftskapitäne, die sagen, wir müssen fürs gleiche Geld mehr arbeiten. Ich kann dieses seelenlose Gequatsche nicht mehr hören. Wer mehr arbeiten muss, muss auch mehr verdienen. Mit einer höheren Wochenarbeitszeit erreicht man das aber nicht. Solche Vorschläge sind völlig falsch. Die gleichen Unternehmer, die die ganzen Jahre bei den Tarifverträgen zu kürzerer Arbeitszeit genickt haben, fordern jetzt: Wir müssen wieder mehr arbeiten. Aber nicht nur in der Wirtschaft gibt es solche Ideen, auch in Ihrer Partei. Rauen: Das ist richtig. Ich rede auch keinem um den Mund. Die größte soziale Herausforderung ist zu erreichen, dass alle, die arbeiten wollen, auch können, und dass alle, die arbeiten können, auch sollen. 25 Jahre wurde wie eine Monstranz vor uns hergetragen, dass wir durch kürzere Arbeitszeiten mehr Arbeitsplätze schaffen und alle haben dieses Märchen geglaubt, vor allem die Tarifpartner, aber auch Teile unserer Partei. Nun versuchen einige, das durch ebenso falsche Vorschläge wieder wett zu machen. Wie lautet ihr Konzept? Rauen: Die Zahl der bezahlten Nichtarbeitstage, also Urlaub, Feiertage, Sonder- und Bildungsurlaub hat sich in den vergangenen Jahren in Deutschland ständig erhöht. Da müssen wir ran, dann erhöht sich auch die effektive Arbeitszeit pro Jahr. Also weniger bezahlte, freie Tage? Rauen: Schauen Sie in den Kalender: Weil in diesem Jahr vier Feiertage auf ein Wochenende fallen und wir durch das Schaltjahr einen Arbeitstag mehr haben, soll die Wirtschaft um 0,5 Prozentpunkte wachsen. Ich will nicht an die Feiertage ran. Aber ab einer gewissen Anzahl sollten sie mit dem Urlaub verrechnet werden. Daran stirbt niemand. Das Gespräch führte unser Redakteur Bernd Wientjes

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort