Werbe-Gag im Wahlkampf

Es ist schon atemberaubend, wie sich die Union bei ihrem Wahlkampf immer wieder selbst ein Bein stellt. Nach dem Brutto-Netto-Rohrkrepierer von Angela Merkel und den bayrischen Breitseiten gegen Ostdeutschland reibt man sich nun in einem merkwürdigen Steuerstreit auf.

Es ist schon atemberaubend, wie sich die Union bei ihrem Wahlkampf immer wieder selbst ein Bein stellt. Nach dem Brutto-Netto-Rohrkrepierer von Angela Merkel und den bayrischen Breitseiten gegen Ostdeutschland reibt man sich nun in einem merkwürdigen Steuerstreit auf. Da kann es nicht verwundern, wenn Demoskopen zwar von einer Wechselstimmung sprechen, die jedoch alles andere als euphorisch ist.Was wird erst nach der Wahl passieren, mögen sich viele Bürger fragen, wenn die Union schon vorher so ein diffuses Bild abgibt? Eigentlich hätte Merkel wissen müssen, worauf sie sich bei Paul Kirchhof einlässt. Der Mann ist ein allseits geachteter Finanzexperte, aber eben kein Politiker. Die komplizierte Gefechtslage im Stellungskrieg der Lobby-Interessen muss ihm ein Buch mit sieben Siegeln sein. Durch die Art und Weise, wie führende Unionsleute ihr vorgebliches Zugpferd jetzt ausgebremst haben, keimt freilich ein böser Verdacht: Offensichtlich ist der geschätzte Professor nicht mehr als ein Werbe-Gag im Wahlkampfkalkül. In seiner Person mag sich zwar die heimliche Sehnsucht Merkels nach radikalen Reformen widerspiegeln. Aber mit ihrer unverblümten Schelte signalisiert sie auch, dass die Union womöglich so weiter wurstelt wie Rot-Grün.

Sicher: In allen Umfragen liegen die C-Parteien weiter glasklar vor den Sozialdemokraten. Doch am Ende könnten schon wenige Prozentpunkte darüber entscheiden, ob es zu Schwarz-Gelb reicht oder doch nur zu einer großen Koalition. Für letzteren Fall steht Kirchhof ohnehin auf verlorenem Posten. Spätestens seit diesem Wochenende haftet den Lobgesängen der Union auf seine Person eine gehörige Portion Heuchelei an.

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