Wieder eine tolle Idee

Wieder einmal glauben namhafte Politiker, eine tolle Idee gefunden zu haben, um Deutschland zu neuen wirtschaftlichen Ufern zu führen: einfach die Arbeitszeit verlängern, das bringt Pluspunkte im internationalen Wettbewerb und sichert das Lohnniveau der Beschäftigten.

Natürlich ist die Argumentation nicht von der Hand zu weisen. Höhere Wochenarbeitszeiten führen zu einer besseren Auslastung der Maschinen und zu einer Senkung der Betriebskosten. Arbeit wird also billiger. Das grundlegende Übel unserer Zeit, die hohe Erwerbslosigkeit, lässt sich damit aber offensichtlich nicht bekämpfen. Wer nach einer 40-oder-mehr-Stunden-Woche ruft, sollte sich im Osten der Republik umtun. Dort ist die Forderung längst praktischer Alltag. Und trotzdem sind zwischen Rügen und Thüringen mehr als doppelt so viele Arbeitslose wie in den alten Ländern registriert. In Wahrheit lassen viele Tarifverträge im Bedarfsfall schon jetzt einen relativ breiten Arbeitszeitkorridor zu. Zumindest wurde noch kein Fall bekannt, in dem eine Branchengewerkschaft die Pleite eines Unternehmens bewusst in Kauf genommen hätte, nur um das Fähnlein der 35-Stunden-Woche hoch zu halten. Über die Flexibilität einzelner Bestimmungen muss man sicher diskutieren. Aber eine pauschale Festlegung zur Arbeitszeitverlängerung wird der Situation nicht gerecht. Das gilt übrigens auch für die Vergütung der Mehrarbeit. Geht es dem Unternehmen schlecht, dann dürfte der Beschäftigte unentgeltliche Überstunden in Kauf nehmen. Steht dem Betrieb dagegen ein unerwarteter Auftrag ins Haus, muss er angemessen am Gewinn beteiligt werden. Ohne Nachfrage kein Wachstum. Das gilt auch im Zeitalter der Globalisierung. nachrichten.red@volksfreund.de

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