"Wir dürfen uns nicht in die Knie zwingen lassen"

Andreas Schockenhoff ist in der Unions-Fraktion für die Außen- und Sicherheitspolitik verantwortlich. In dieser Woche entscheidet der Bundestag über die Fortsetzung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr. Der 50-jährige CDU-Abgeordnete aus Baden-Württemberg appelliert an die Geduld der Bundesbürger.

Berlin. Im Interview mit Werner Kolhoff sagte Schockenhoff, der Einsatz könne noch lange dauern. Was sagen Sie den skeptischen Deutschen, warum der Afghanistan-Einsatz erneut verlängert werden muss?Schockenhoff: Wenn die Menschen gefragt werden, ob sie für einen Rückzug sind, sagt die Mehrheit ja. Wenn man sie aber fragt, ob sie die afghanische Bevölkerung wieder den Taliban und El Kaida aussetzen wollen, dann findet der Einsatz Akzeptanz. Und genau darum geht es. Afghanistan muss eine Chance bekommen, eine sich selbst tragende Stabilität durchzusetzen. Nur dann kann dem Terrorismus nachhaltig der Boden entzogen werden, was auch unserer Sicherheit hier in Deutschland dient. Sie müssten konsequenterweise auch sagen, dass der Einsatz weitere Opfer fordern kann.Schockenhoff: Unsere Soldaten riskieren auch im Norden jeden Tag Leib und Leben, wie der jüngste Selbstmordanschlag wieder gezeigt hat. Der Einsatz in Afghanistan ist und bleibt grundsätzlich ein gefährlicher Einsatz. Wann können die internationalen Truppen denn das Land verlassen?Schockenhoff: Natürlich können wir Afghanistan nicht auf Dauer von außen stabilisieren. Aber es gibt kein fixes Datum für den Rückzug. Dieser kann dann erfolgen, wenn der afghanische Staat so weit handlungsfähig ist, dass er die Sicherheit in seinem Land durchsetzen kann, wenn es also einen Rechtsstaat gibt, wenn die Verwaltung funktioniert. In dem Maße, wie das gelingt, können wir uns zurückziehen. Wie viel Prozent dieses Weges ist denn erreicht?Schockenhoff: In manchen Regionen weit über 50 Prozent. Ein Beispiel: Die Zahl der Provinzen, in denen keine Drogen mehr angebaut werden, ist im vergangenen Jahr von sechs auf 13 gestiegen. Noch gibt es aber 21 Provinzen, in denen Mohn angebaut wird. Bei den rechtsstaatlichen Institutionen sind wir auf dem richtigen Weg: Die Taliban-Herrschaft ist beendet. Es gibt eine gewählte Regierung, ein Parlament, in dem auch Frauen vertreten sind, eine Verfassung und Bürgerrechte. Diese demokratischen Strukturen gilt es zu stärken. Andererseits hat sich die Zahl der Anschläge drastisch erhöht. Schockenhoff: Je mehr zivil wieder aufgebaut wird, desto mehr Angriffsziele gibt es. Diese Phase müssen wir überwinden und mit militärischer Absicherung begleiten. Wir dürfen uns nicht von denjenigen in die Knie zwingen lassen, die Afghanistan wieder ins Mittelalter zurückbomben wollen. Angriffe auf die Bundeswehr 5. Oktober 2007: Bei einem Anschlag westlich der nordafghanischen Stadt Kundus werden drei Soldaten auf Patrouillen-Fahrt bei einem Selbstmordanschlag verletzt. 15. August 2007: Östlich der Hauptstadt Kabul werden drei Polizeibeamte in ihrem Auto bei der Explosion einer Straßenbombe getötet. Einer der Männer war früher Leibwächter von Bundeskanzlerin Angela Merkel. 19. Mai 2007: Beim Selbstmordanschlag auf einem Markt sterben in der nordafghanischen Stadt Kundus drei Soldaten einer Fußpatrouille, zwei weitere werden verwundet. 14. Oktober 2006: In der Nähe von Kundus geraten nachts drei Fahrzeuge unter Beschuss. Ein Soldat wird verletzt. Am Tag danach wird in Feisabad ein Geländefahrzeug angegriffen.

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