Zumutung verhindert
Über einen reuigen Sünder herrsche im Himmel mehr Freude als über 99 Gerechte, heißt es im Lukas-Evangelium. Es wäre also auch ein Grund zur Freude, wenn Magnus Gäfgen, den die Beobachter seines Mordprozesses als außergewöhnlich gefühlskalt und berechnend schilderten, irgendwann tatsächlich seine Schuld begreifen und bereuen würde.
Die Tür dafür sollte man nie zuschlagen. Die unappetitliche und aufdringliche Reue-Show, die Gäfgen, offenbar mit Unterstützung seines Anwalts, inszeniert, lässt freilich nicht auf Ernsthaftigkeit seiner Bekenntnisse schließen. Wer fröhlich in eigener Sache weiterklagt, Bücher auf den Markt wirft, sich in Interviews selbst bemitleidet und das eigene Verhalten eher aus der Position eines Analytikers als der eines Täters schildert, setzt sich dem Verdacht der Heuchelei aus. Gäbe es auch nur ein Minimum an Einsicht und Verständnis, etwa für die Eltern des Opfers, dann wäre so eine abstruse Zumutung wie die Gründung einer Gäfgen-Stiftung nie auf den Tisch gekommen. Aber offenbar ist Gäfgen und seinem Umfeld jede Gelegenheit recht, ein paar Schlagzeilen zu schinden. Was mag wohl als nächstes kommen? Ein Gäfgen-Gedächtnispreis für Verdienste um den Kinderschutz? Die Trierer ADD hat bis auf Weiteres die unsägliche Stiftung verhindert. Hoffentlich sind ihre formaljuristischen Argumente hieb- und stichfest. Doch auch Magnus Gäfgen könnte etwas für seine Glaubwürdigkeit tun. Zum Beispiel auf Rechtsmittel verzichten. Und die für die Stiftung vorgesehenen Einnahmen anonym dem Kinderschutzbund oder dem Weißen Ring spenden. Samt allen in den nächsten zehn Jahren anfallenden Honoraren und den bescheidenen Bezügen fürs Tütenkleben. Und er könnte sich absolutes öffentliches Stillschweigen auferlegen. Und seinem Rechtsvertreter gleich mit. Im Gegenzug kann man dann vielleicht 2016 über so etwas wie Reue reden. d.lintz@volksfreund.de