Zurück auf der Tagesordnung

Sind die deutschen Bischöfe eine Horde verantwortungsloser Antisemiten, die die Vernichtung der Juden verharmlosen und unzulässige Vergleiche zur NS-Diktatur herstellen? Den Eindruck könnte man bei der derzeitigen Aufgeregtheit fast gewinnen.

Aber ist es wirklich verwerflich, seine Betroffenheit über die menschenverachtende Politik der israelischen Regierung gegenüber den Palästinensern zu äußern, von einem Ghetto in Ramallah zu sprechen, wie es etwa der Bischof von Eichstätt, Gregor Maria Hanke, getan hat? Es sind die typischen Reflexe, wenn es um scharfe Kritik an den permanenten Menschenrechtsverletzungen in Palästina und an den Palästinensern geht. Mit dem Totschlag-Argument des Antisemitismus' sollen Kritik und Kritiker diskreditiert werden. Wer Israels Besatzungspolitik als das bezeichnet, was sie ist, nämlich unmenschlich, der vergiftet kein Klima, sondern sagt die Wahrheit. Und die sieht immer noch so aus: Israel forciert rücksichtslos den Bau neuer Siedlungen im Westjordanland und mauert in einem gigantischen Projekt die Palästinenser in ihrem ohnehin winzigen Flecken Erde quasi ein. Auf all das wollten die deutschen Bischöfe deutlich hinweisen. Offene Worte, die überfällig waren, und die viel häufiger notwendig sind. Sie dafür in die antisemitische, geschichtsvergessene Ecke stellen zu wollen, ist absurd. Denn es gibt viele Gründe, warum sich im Nahen Osten nichts bewegt und immer noch die Gewalt regiert. Einer davon ist, dass weder die Europäische Union noch Amerika massiven Druck auf Israels Politik ausüben, eine faire Zweistaatenlösung mit den Palästinensern ernsthaft anzugehen. Deshalb hat diese aufgeregte Diskussion auch ihr Gutes: Israels illegaler Siedlungs- und Mauerbau ist endlich wieder da, wo er hingehört: ganz oben auf der politischen Tagesordnung. d.schwickerath@volksfreund.de

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