Ab ins Archiv statt an den Altar!

Ein ehemals wegen dutzendfachen sexuellen Missbrauchs von Mädchen verurteilter katholischer Priester zelebriert einen Gottesdienst mit angehenden Kommunionkindern. Man möchte die Eltern sehen, die angesichts eines solchen Szenarios nicht auf die Barrikaden gehen.

Der Vorfall liegt gerade einmal zweieinhalb Wochen zurück, Schauplatz war eine kleine saarländische Gemeinde. Die gehört zum Bistum Trier, dessen Chef pikanterweise auch der oberste kirchliche Missbrauchsbeauftragte ist.
Bischof Stephan Ackermann steht bereits seit Wochen in der Kritik, weil in seiner Diözese (wie in den übrigen 26 vermutlich auch) pädophile Priester weiter eingesetzt werden. Nur eingeschränkt und nicht in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, wehrt sich das unter Beschuss stehende Bistum.
Wie schwammig diese Beteuerungen sind, zeigt sich an dem jetzt bekannt gewordenen Einsatz des einst wegen Missbrauchs verurteilten Priesters. Fällt es etwa nicht unter die letztlich vom Trierer Bischof verfügten Auflagen, wenn der Geistliche mit minderjährigen Kindern um den Altar steht? Und wie sieht es aus, wenn der Priester nach einem Gottesdienst womöglich mit Messdienern in der Sakristei verschwindet? Wer garantiert dafür, dass nichts passiert, zumal die damaligen Missbrauchstaten fast ausschließlich in Kirchen geschahen?
Es mag verständlich sein, dass der Trierer Bischof Stephan Ackermann seine mit dem Gesetz in Konflikt geratenen Priester nicht einfach in die Wüste schickt, sondern sich weiter um sie kümmern will. Das ist christliche Fürsorge.
Dennoch: Der Bischof hat auch eine Fürsorgepflicht gegenüber den gläubigen Katholiken. Dieser Fürsorgepflicht kommt Stephan Ackermann immer noch nicht ausreichend nach, so sehr sich der kirchliche Missbrauchsbeauftragte beim Thema Prävention auch in den vergangenen zwei Jahren engagiert hat.
Letztlich führt kein Weg daran vorbei, dass die Bischöfe ihre Missbrauchsleitlinien erneut verschärfen und pädophile Geistliche aus der Seelsorge ein für allemal entfernen. In anderen Ländern haben die Kirchenoberen vorgemacht, dass dies möglich ist. Ziehen die deutschen Bischöfe nicht nach, werden sie immer ein Glaubwürdigkeitsproblem haben. Stephan Ackermann sollte als oberster Missbrauchsbeauftragter nicht darauf warten, bis die Leitlinien offiziell verschärft sind, sondern mit gutem Beispiel vorangehen und handeln. In den zahlreichen Archiven des Bistums werden für pädophile Priester schon noch einige Plätzchen frei sein.
r.seydewitz@volksfreund.de

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