Ob Freispruch oder nicht - Wulff bleibt Opfer seiner selbst

Berlin · Das Gerichtsverfahren gegen den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff wird verkürzt. Ein Freispruch ist wahrscheinlich, da dem Gericht die in der Anklage formulierten Vorwürfe der Vorteilsannahme im Amt dünn erscheinen. Wulff hat mit seinem Amtsverlust einen hohen Preis bezahlt, das aber auch selbst verschuldet - Kommentar.

Wenn der Prozess gegen Christian Wulff überhaupt etwas Gutes hat, dann ist es der Umstand, dass jetzt jeder Lobbyist und jeder Politiker weiß: Im schlimmsten Fall landet der eine, der andere, oder landen gleich beide vor dem Kadi. Der Staat und seine Behörden gucken genau hin. Auch bei einem ehemaligen Staatsoberhaupt. Vor dem Gesetz sind eben doch alle gleich.

Ansonsten ist das Verfahren zu dem geworden, was man von Anfang an befürchten musste: Zu einer Farce. Widersprüchliche, vor allem unwissende Aussagen von Zeugen, ein lustloses Gericht, eine kaum aktive Staatsanwaltschaft, die Anklage hat sich im Verlauf der Verhandlung als äußerst dünn erwiesen.

Jetzt deutet alles darauf hin, dass Wulff freigesprochen werden wird. Und damit ist es aus seiner Sicht richtig gewesen, auf das Angebot der Staatsanwaltschaft nicht einzugehen, das Verfahren gegen eine Geldzahlung einzustellen. Doch in einem irrt der Ex-Präsident: Seine Reputation ist durch den nun absehbaren Ausgang des Prozesses noch lange nicht wieder hergestellt. Die politische Ehre des Christian Wulffs dürfte noch auf Jahre zerstört sein.

Denn der Freispruch ist schließlich nur die rechtliche Dimension der peinlichen Angelegenheit. Am politischen Schaden ändert er nichts. Wulff hat sich nicht nur während der Affäre unklug verhalten. Die Trennung von Privat und Amt ist ihm schon in seiner Zeit als Ministerpräsident nicht gelungen. Dafür hat Wulff zweifellos einen sehr hohen Preis bezahlt - den Amtsverlust durch einen schmählichen Rücktritt. Dazu die privaten und persönlichen Brüche. Ob im Ausmaß verdient oder nicht, er bleibt aber Opfer seiner selbst.

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