"…irgendetwas auf dem Trierer Petrisberg"

Der Skandal um den früheren Trierer Gesundheitskonzern-Manager Hans-Joachim Doerfert erschütterte vor zehn Jahren die Republik. In der Folge hagelte es Gefängnis- und Geldstrafen, traten sogar zwei Minister zurück und stand die Caritas Trägergesellschaft (ctt) kurz vor der Pleite. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft den 65-jährigen Juristen erneut angeklagt.

 Interview vor dem Gerichtssaal: Hans-Joachim Doerfert vor rund neun Jahren beim Prozess in Koblenz. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Interview vor dem Gerichtssaal: Hans-Joachim Doerfert vor rund neun Jahren beim Prozess in Koblenz. TV-Foto: Archiv/Friedemann Vetter

Trier. Wer samstags durch die Trierer Innenstadt geht, hat gute Chancen, dabei Hans-Joachim Doerfert zu begegnen. Seit einiger Zeit scheint der inzwischen 65-jährige gebürtige Saarländer wieder in seiner langjährigen Heimat zu wohnen. Was Doerfert ausgerechnet nach Trier zurückverschlagen hat, wo der einst mächtige ctt-Manager vor neun Jahren ein Trümmerfeld hinterlassen hatte, darüber gab es allenfalls Gerüchte. Genaues wusste angeblich niemand.

Keine guten Erinnerungen an die Koblenzer Ankläger



Nur dass Hans-Joachim Doer fert "irgend etwas in einem Büro auf dem Petrisberg macht", wurde kolportiert. Inzwischen kommt immerhin ein wenig Licht ins Dunkel, was Doer fert allerdings wenig gefallen dürfte. Denn erneut hat die Koblenzer Staatsanwaltschaft gegen den erst Anfang 2005 "wegen guter Führung" auf Bewährung aus dem Diezer Gefängnis entlassenen Doerfert ermittelt. Und zwar "als faktischen Vorstand" der Viomed AG mit Sitz in Trier (siehe weiteren Bericht auf dieser Seite).

An die Anklagebehörde dürfte Hans-Joachim Doerfert keine guten Erinnerungen haben. Unter anderem die Koblenzer Staatsanwälte waren es, die das sogenannte "System Doerfert" Ende der 90er Jahre erst ins Wackeln und dann zum Einsturz brachten.

Anfang Februar 2001 verurteilte das Koblenzer Landgericht den damals 57-Jährigen wegen Untreue in 58 Fällen zu sieben Jahren und drei Monaten Gefängnis. Doerfert habe die Caritas Trägergesellschaft jahrelang als sein Eigentum betrachtet und sich systematisch aus den Kassen des kirchlichen Vereins bedient, sagte seinerzeit der Vorsitzende Richter Hans-Georg Göttgen in seiner Urteilsbegründung. Als Beispiele für die "Selbstbedienungsmentalität" nannte der Richter Beratungshonorare, die der Geschäftsführer Doerfert dem Rechtsanwalt Doerfert in Rechnung gestellt habe, oder auch Spenden an den Fußballverein Eintracht Trier.

Ein knappes halbes Jahr nach dem Koblenzer Urteil stockte das Landgericht München die Strafe gegen Doerfert wegen drei Fällen der Bestechlichkeit sogar noch auf: Zehneinhalb Jahre lautete am Ende die Gesamtfreiheitsstrafe.

Auch zwei enge Vertraute Doer ferts wurden seinerzeit zu Gefängnisstrafen verurteilt, andere Weggefährten kamen mit Geldstrafen davon. Etwa der damalige Bundesverkehrsminister Reinhard Klimmt (SPD). Wegen Beihilfe zur Untreue verurteilte das Trierer Amtsgericht den einstigen 1. FC Saarbrücken-Präsidenten per Strafbefehl zu 27 000 Mark. Hintergrund: eine deftige Finanzspritze, die der saarländische Fußballclub von Doerfert bekommen haben soll. Klimmt trat wenig später zurück.

Peinlicher Skandal belastet das Bistum



Peinlich war der Doerfert-Skandal aber besonders auch für die katholische Kirche und den damaligen Trierer Bischof Hermann Josef Spital, der die Rechtsaufsicht über die ctt hatte. Statt den Chef von 42 katholischen Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen zu kontrollieren, vertraute ihm der Bischof blind. Warnende Hinweise Dritter ignorierte Spital. Am Ende waren Image- und finanzieller Schaden enorm: Das Bistum pumpte zig Millionen in den angeschlagenen Gesundheitskonzern, um einen Zusammenbruch zu verhindern. An den Folgen des Doerfert-Skandals laboriert die inzwischen von einem katholischen Dreierbündnis übernommene Caritas Trägergesellschaft Trier noch heute: Wegen millionenschwerer Schulden verzichten die rund 5000 Beschäftigten schon seit Jahren auf Lohn-Erhöhungen und einen Teil des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes.

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