…und wieder düpiert

KARLSRUHE/BERLIN. Edelgard Bulmahn muss einen neuen Tiefschlag verkraften: Das Bundesverfassungsgericht hat die von der Bundesbildungsministerin forcierte Juniorprofessur gekippt und damit die Länder gestärkt.

Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) verteiltegestern sofort eine Beruhigungspille an junge Wissenschaftler: "Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat die Juniorprofessur als solche nicht in Frage gestellt", beschwichtigte die Ministerin. Klingt einfach, ist aber kompliziert. In Wahrheit hat Karlsruhe nämlich die neue Einrichtung der Juniorprofessur an den Hochschulen gekippt. Das entsprechende Bundesgesetz sei verfassungswidrig, urteilten die Richter. Einmal mehr zieht Bulmahn damit den Kürzeren gegenüber den Ländern, die die Ministerin nur allzu gerne düpieren. Bayern, Sachsen und Thüringen hatten Klage eingereicht gegen die Juniorprofessur, die vor zweieinhalb Jahren von der Bundesregierung mit der Novelle des Hochschulrahmengesetzes eingeführt worden war. Die auf sechs Jahre begrenzte Institution ermöglicht jungen Wissenschaftlern nach der Promotion bereits mit Anfang 30 eigenständiges wissenschaftliches Arbeiten in Forschung und Lehre. Die bisherige Hochschulkarriere sah hingegen den Professorenberuf erst nach der Habilitation vor, die in Deutschland durchschnittlich mit 42 Jahren erfolgt. 2010, hatte Bulmahn gehofft, sollte die Habilitation vollends zugunsten der Juniorprofessur entfallen. Das, begründete Karlsruhe, verstoße gegen die Rechte der Bundesländer. Die erneute Auseinandersetzung zwischen der Ministerin und den Ländern ist symptomatisch für das Verhältnis beider Seiten. Wann immer Bulmahn ihre Kollegen beglücken will - ob mit Elite-Unis oder Ganztagsschulen - gehen sie aus Angst um ihre Kompetenzen auf die Barrikaden. Die Niedersächsin hingegen ist bekannt dafür, dass sie das Pferd gerne von hinten aufzäumt: Oft verkündet sie Pläne erst, um sich danach um Unterstützung zu bemühen. So schafft man sich keine Freunde. Ähnlich war es auch bei den Jungprofessuren, die von den meisten Landesministern in der Vergangenheit positiv beurteilt worden waren. Allerdings bringt das Projekt auch Probleme mit sich. Zwar stellte Bulmahn 180 Millionen Euro für die Erstausstattung von bis zu 3000 Stellen zur Verfügung. Nach Angaben des Ministeriums sind aber erst 933 dieser Jobs an 65 Universitäten bewilligt und nur 600 davon besetzt. Bei den Nachwuchswissenschaftlern fällt das Urteil über die Juniorprofessur gespalten aus, wie eine Umfrage der Jungen Akademie - einer Berliner Institution zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses - ergab. Vielfach wurde über schlechte Arbeitsbedingungen und Bevormundung durch etablierte Kollegen geklagt.Kippt auch das Verbot von Studiengebühren?

Laut Bulmahn müssen die 600 bereits ernannten Juniorprofessoren nun nicht um ihre Positionen fürchten. Sie forderte die Länder auf, die Einrichtung schnell in ihren Gesetzen zu verankern, was die Mehrzahl (Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein) bereits getan hat. Bundesweite Standards für die Juniorprofessur muss Bulmahn aber erst einmal zu den Akten legen. Das Urteil kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Ministerin bei einem weiteren Streit mit den Ländern schlechte Karten haben könnte. Karlsruhe entscheidet demnächst nämlich auch über das rot-grüne Verbot von Studiengebühren, das unionsgeführte Landesregierungen wieder kippen wollen.

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