Ab zur Großmama

TRIER. Immer mehr junge Frauen wollen (oder müssen) Beruf und Familie vereinbaren. Betreuungsplätze für Kinder sind aber immer Mangelware oder schlichtweg zu teuer. Oftmals übernehmen die Großeltern die Betreuung der Kinder.

Die Oma als Tagesmutter. So bequem und einfach diese Lösung zunächst scheint, so viel Konfliktpotential bietet sie auch. Einerseits wird der Austausch zwischen den Generationen gefördert, was ein Gewinn für die ganze Familie sein kann. Andererseits entsteht oft ein Spannungsfeld zwischen der Wahrung eigener Interessen, Ausnutzung, Zumutung und Schuldgefühlen. Besonders zwiespältig werden die Probleme seitens der jungen Frauen empfunden, wenn diese das Rollenbild ihrer Mütter oder Schwiegermütter für sich ablehnen. Pia Schommer, berufstätige Mutter zweier Kinder, erzählt: "Ein Leben als Nur-Hausfrau, wie es meine Schwiegermutter führt, wäre für mich nie in Frage gekommen. Ich denke manchmal, es ist ein bisschen unfair, dass ich ihr heute mit der Betreuung meiner Kinder noch mal das zumute, was sie schon einmal durchgemacht hat. Ich habe deswegen oft ein schlechtes Gewissen." Schuldgefühle speisen sich auch aus einer anderen Quelle: "Ich weiß nie, wie weit ich die Hilfsbereitschaft in Anspruch nehmen kann. Man läuft Gefahr sie auszunutzen und überzustrapazieren. Es kommt nie ein "Nein von der Oma," beschreibt Pia Schommer ihren Konflikt. Das schlechte Gewissen hindert sie daran, Kritik zu üben, wenn die Vorstellungen bezüglich der Erziehung mal auseinander gehen. "Die Kinder werden bei Oma sehr verwöhnt. Statt das mit ihr zu klären, versuche ich hinterher, den Kindern zu verdeutlichen, dass das bei uns eben nicht läuft." Auf die Frage, wie sie selbst später als Oma handeln würde, sagt sie: "Ich würde nicht in dem Maße zur Verfügung stehen und würde mich mehr abgrenzen." Gisela Rommelfanger hütet als Großmutter ihre vierjährige Enkelin. "Ich mache das gerne", sagt sie, "die Kinder müssen arbeiten, die haben ja noch nichts." Sie wechselt sich ab mit der anderen Oma. "Dann sind es nur zweieinhalb Tage - das ist mehr Vergnügen als Last. Nur manchmal am Wochenende kommt es nicht so gelegen, weil ich dann selber gerne mal weggegangen wäre." Konflikte gebe es aber kaum. Natürlich habe jeder seinen eigenen Erziehungsstil. Sie verwöhne das Kind gerne. "Aber die Kleine profitiert davon und nutzt das richtig clever aus."Am besten Grundsätze aushandeln

Auch Pia Schommers Kinder finden es gut, dass sie bei Oma mehr dürfen, als zu Hause. Die langjährige Seniorenbeauftragte der Verbandsgemeinde Trier-Land, Brigitte Beling, meint, die unterschiedlichen Vorstellungen der jüngeren und der älteren Frauen führten in jedem Fall zu Konflikten. Wenn sich das auch nicht direkt in Streit äußere, so doch darin, dass Mütter die Kinder wieder auf ihre Linie bringen müssten. Sie plädiert für feste Vereinbarungen: "Mütter und Großmütter sollten einen Vertrag schließen, der sowohl den zeitlichen Umfang der Betreuung als auch ein mögliches Entgelt regelt. Darin sollten auch Grundsätze zur Erziehung enthalten sein." Damit könne man vermeiden, dass die Großmütter aus Bequemlichkeit ausgenutzt würden. Durch festgelegte Grundsätze erhalte ihre Erziehung die gleiche Verbindlichkeit wie die der Mütter. "Insgesamt", sagt Brigitte Beling, "ist es gut und wichtig für ältere Menschen sozial sinnvolle Aufgaben wie die der Kinderbetreuung zu übernehmen. Aber die Grenzen müssen ganz klar abgesteckt sein."

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